Geschäftsraummieten & Pandemie: Hilft Mediation?

Dr. Peter Adler und Mag. Melanie Berger sind davon überzeugt, dass es immer zwei (oder mehr) Lösungen für jedes Problem gibt – auch im Mietrechtsstreit. Im Beitrag erläutern die beiden, die notwendigen Schritte, um eine erfolgreiche Mediation durchzuführen. Wichtig dabei zu verstehen ist, eine Mediation heißt Lösungen suchen, nicht Kompromisse schließen, und schon gar nicht „nachgeben“.

Was tun mit den neuen rechtlichen Erkenntnissen?

In den vergangenen Monaten hat die Pandemie Bestandgeber und -nehmer vor erhebliche Herausforderungen gestellt; gerade im gewerblichen Bereich, wo Betriebe geschlossen werden mussten oder erhebliche Einschränkungen durch Maßnahmen und fehlende Kund:innen erfuhren, sind die Wogen in der oft öffentlich geführten Diskussion hochgegangen. Die Interessen und Rechtsmeinungen auf beiden Seiten unterscheiden sich grundsätzlich. Die Vermieter:innen argumentieren mit ihrem Anspruch, laufenden Kosten und den fehlenden Förderungen für ihre Branche, Mieter:innen sprechen von massiv gesunkenen Einnahmen und sehen sich aufgrund wirtschaftlicher und förderrechtlicher Themen gezwungen, Mietzinsreduktionen zu beanspruchen.

RA Dr.Nemetschke hat in seinem Beitrag „Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht in Zeiten der Pandemie“ die Rechtslage mit vielen Belegen überzeugend dargestellt: Das Gesetz und die zitierten Urteile setzen die Zahlungspflicht für Mieten herab oder ganz aus, wenn Kund:innen nicht ins Geschäft dürfen.

„Eine derart große Divergenz (zwischen den Handelssparten, Anm.) hat es noch nie gegeben.”

Peter Voithofer vom Economica Institut
Tatsächlich gibt es sehr viele unterschiedliche Standpunkte, selten aber das ganze Bild.

Man könnte zum Beispiel sagen, „dem Lebensmittelhandel geht es doch großartig, der hatte immer offen“. Das stimmt aber nur teilweise, der Lebensmittel-Großhandel hatte große Einbußen durch die geschlossene Gastronomie (-8,8% zu 2019 lt. Statistik Austria).

Solche Beispiele gibt es viele. Und was bedeutet das jetzt für die Lösung? – Es kommt darauf an.

Es bedeutet, man muss darüber reden, denndas Problem kann durch die rechtlichen Erkenntnisse zwar juristisch, nicht aber unternehmerisch und wirtschaftlich gelöst werden. Was die Geschäftspartner brauchen, ist eine Perspektive in eine gemeinsame Zukunft. Beide Parteien haben in der Regel ein Interesse daran, ihre Geschäftstätigkeit gemeinsam fortzuführen. Das geht aber nur dann, wenn nicht einer oder beide so großen Schaden erleiden, dass die Geschäftsbeziehung oder eines der beiden Unternehmen ruiniert sind.

Es gibt immer zwei (oder mehr) Lösungen

Wenn keine Miete zu zahlen ist und die Mieter:innen trotzdem zahlen, dann wird den Vermieter:innen Geld geschenkt. Wenn Miete zu zahlen ist und die Vermieter:innen lassen diese nach, so schenken sie den Mieter:innen Geld. Das ist keine Grundlage im Geschäftsleben.

Also ist zuerst einmal festzustellen, was Sache ist. Das geht am besten in aller Ruhe, in einer Mediation. Damit diese gelingt, sind mehrere Schritte erforderlich:

1. Schritt: Klären Sie mit geeigneten Wirtschaftsmediatorinnen oder -mediatoren die Sachlage.

Ein Mietvertrag, ein Pachtvertrag, das sind langfristige Geschäftsbeziehungen. Beide, Bestandgeber und -nehmer, haben Ziele, Pläne, Vorhaben für die nächsten Jahre. Verstärkt der Fall ist das in Einkaufsstraßen und Einkaufszentren, da sind eigentlich alle zusammen ein Team.

Vielleicht sollte das Geschäft vergrößert oder verkleinert werden, das Sortiment geändert, der Vertrag verlängert oder übergeben werden; es braucht Beleuchtung oder Werbung, eine Konkurrenzklausel stört oder wird gebraucht, die Heizung/Klimaanlage muss erneuert werden – wir haben schon hunderte Beispiele bekommen, was es alles an gegenseitigen Wünschen gibt, die man besprechen kann, wenn man unter professioneller Begleitung zusammensitzt. Und alles das ist Geld wert.

Schritt 2: Planen Sie gemeinsam die nächsten Jahre, was Sie für Ihr Geschäft brauchen.

Gehen Sie davon aus, dass nichts geschenkt wird. Aber alles, was dem einen oder dem anderen hilft, mittel- und langfristig die Ertragslage zu verbessern oder langfristig zu sichern, kann zu einem Tauschgegenstand werden. Fachkundige Wirtschaftsmediator:innen können Sie professionell dabei unterstützen, solche Alternativen zu entwickeln.

Schritt 3: Machen Sie einen Zahlungsplan, der Ihnen beiden die Liquidität sichert.
Alternative Gericht?

Das Gericht löst vielleicht den ersten Punkt, die Rechtsfrage, verbessert aber nicht die Gesprächssituation. In einem Gerichtsverfahren wird zwischen zwei Optionen entschieden. Das Ergebnis sind ein:e Gewinner:in und ein:e Verlierer:in, das wiederum hat schädliche Auswirkungen auf die gemeinsame Geschäftstätigkeit. Außerdem werden in einem Gerichtsverfahren bei weitem nicht alle Interessen der Beteiligten berücksichtigt, obwohl diese weit über den Streit um Geld hinaus gehen können. Für viele Konflikte sind Gerichte die richtige Anlaufstelle, der Mietenstreit gehört aber aufgrund seiner Komplexität und dem Blick in die (gemeinsame) Zukunft nicht dazu.

Es ist also ratsam, andere Konfliktbeilegungsinstrumente zu wählen, vorzugsweise eine Mediation. Bei jeder anderen Strategie wie Gerichtsverfahren, Schlichtung oder Schiedsverfahren wird die Entscheidung delegiert. So eine komplexe Situation können die Parteien jedoch nur gemeinsam im Dialog lösen. Die Entscheidung an einen Dritten zu delegieren, bringt zwar eine Entscheidung aber keine Lösung, denn sie wird aber kaum für beide Beteiligten befriedigend sein.

Hilft Mediation wirklich?

Viele Unternehmer:innen schrecken vor Mediation zurück, weil sie glauben, sie gingen in die Mediation um nachzugeben, oder um einen Kompromiss zu schließen. Oder weil sie schlechte Erfahrungen mit Mediation gemacht haben.

Mediation heißt Lösungen suchen, nicht Kompromisse schließen, und schon gar nicht „nachgeben“.

Dr. Peter Adler, Wirtschaftsmediator

Dabei wissen die Betroffenen oft nicht, was in einer Mediation eigentlich passiert; in der Mediation werden die Interessen der Parteien sowie der Sachverhalt genau geklärt und eine Gesprächsbasis (wieder) hergestellt. Ein weiterer Vorteil der Mediation ist, dass Mediationsverfahren nicht öffentlich sind.

Ihre Rechtsanwältin und Ihr Rechtsanwalt unterstützen Sie in der Mediation

In der Mediation ist uns Ihr:e rechtliche:r Vertreter:in und Ratgeber:in herzlich willkommen. Manchmal ziehen wir auch die Steuerberater:in hinzu. Jede fachliche Unterstützung ist wichtig. So entsteht eine Atmosphäre, wo auf Basis der gewonnenen Informationen eine Entscheidung getroffen werden kann. Manchmal bleibt zwar eine Rechtsfrage offen – die kann aber dann das Gericht kostengünstig beantworten.

Suchen Sie die richtige Mediationskanzlei

Von den rund 2.500 Mediator:innen in Österreich ist ein Teil in der Wirtschaftsmediation tätig, ein Teil davon hat Erfahrung und Wissen im Bestandsrecht und wieder ein Teil davon auch mit den Strukturen und Aufgaben im Handel.

Über die Autor:innen

Dr. Peter Adler, seit 2004 Wirtschaftsmediator, Kanzleien in Wien, Graz und Zagreb; Erfahrung in der Industrie (Stahlverarbeitung und Emaillierung), Papierhandelskette (übergeben an Filialleiterinnen), die ADLER DATA Software hat Lebensmittelkonzerne international unterstützt, Bau und Leitung von Einkaufszentren, Jus- und Informatikstudium sowie Wirtschaftstreuhänderausbildung, eingetr. Mediator nach ZivMediatG.

Mag. Melanie Berger, Berufslehre, BWL Studium und Mediationsausbildung, seit 2018 selbständige Unternehmensberaterin, seit 2020 eingetragene Mediatorin nach ZivMediatG, Erfahrungen in den Branchen FMCG , Handel, Lebensmittelproduktion, Handwerk, Anlagenbau, Versicherungsagenturen und NGO in den Bereichen kaufm. Leitung, Vertrieb und Vertriebssteuerung, Digitalisierung und Unternehmensorganisation.

Mag. Melanie Berger & Dr. Peter Adler

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