“Supermärkte sind prädestiniert für neue Checkout-Konzepte”

Die Self-Checkout Kassen sind bereits in einigen österreichischen Supermärkten im Einsatz – beim Self-Scanning mit dem Smartphone gibt es noch Luft nach oben.

Michael Bauer ist Country Manager bei GLORY Österreich und bringt mehr als 15 Jahre Erfahrung in der globalen FMCG (Food & Beverage) Industrie mit. Sein Fokus lag dabei auf dem Aufbau internationaler Märkte und der Beschaffung neuer Produkte für den österreichischen und den deutschen Markt. Heute repräsentiert Bauer die Marke GLORY im österreichischen Markt und baut Cash-Management-Lösungen im Handel weiter aus.

Im Interview mit retail.at spricht er über die Digitalisierung auf der Fläche und darüber, wie Pre-Order mit Pick up, SCO und andere automatisierte Checkout-Konzepte die Beziehung zwischen Händler:innen und Kund:innen verbessern können und verrät, dass den modernen Kund:innen von heute das Warten an der Kasse schon immer ein Dorn im Auge war. Sie erfahren außerdem, weshalb sich gerade Supermärkte für neue Checkout-Konzepte vorzüglich eignen und warum sich der persönliche Kontakt zwischen Verkäufer:innen und Kund:innen auch nicht durch innovative Konzepte wie „Amazon Go“-Filialen ersetzen lässt.

Handelsverband: Die Digitalisierung verändert, wie Kund:innen und Händler:innen miteinander in Beziehung treten. Inwieweit kann der stationäre Handel von der Digitalisierung profitieren?

Michael Bauer: Produkte oder Markenwelten zu erleben, ist für Kund:innen ein wesentlicher Anreiz für den Besuch im stationären Handel. Dabei bleibt das Produkt selbst der wichtigste Touchpoint, den Händler:innen mit mehr Kundenerlebnis verpacken können, als es der Online-Handel vermag: Das reicht von haptischen Erfahrungen über professionelle Beratung bis hin zur Vernetzung mit ergänzenden digital gestützten Angeboten wie Self-Scanning, App-basierter Beratung oder auch personalisierten Produkten. Zum Beispiel bilden Self-Scanning-Anwendungen per Smartphone den Brückenschlag in den Online-Handel und eröffnen Kund:innen damit ein erweitertes Portfolio.

Während das reine Online-Shopping auf den digitalen Raum begrenzt ist, kann der stationäre Handel durch Digitalisierung beide Welten miteinander vernetzen. Darüber hinaus helfen digitale Lösungen, Prozesse zu optimieren – dadurch Ressourcen gewinnbringender zu nutzen – Abläufe zu automatisieren und Kund:innen mehr Flexibilität entsprechend ihrer individuellen Vorlieben zu geben. Bestes Beispiel hierfür sind Anwendungen wie Pre-Order mit Pick up, SCO und andere automatisierte Checkout-Konzepte. Aber natürlich kann nicht jedes Geschäft mit der Digitalisierung mithalten – und nicht alle müssen das auch.

Handelsverband: Ist der österreichische Markt bereit für digitale Innovationen wie smarte Einkaufswägen oder Self-Checkout (SCO) statt der klassischen Kasse im Supermarkt? Welche bereits etablierten digitalen Innovationen kommen bei den Kund:innen am besten an?

Michael Bauer: Kund:innen sind definitiv bereit dafür, denn wie Umfragen zur Kundenzufriedenheit zeigen, ist das Warten an der Kasse vielen ein Dorn im Auge – schon immer. Während der Pandemie hat sich dieses Gefühl noch verstärkt, da viele Verbraucher:innen möglichst kontaktlos einkaufen möchten. Die Kassenzone ist letztlich ein wichtiger Touchpoint, der abschließend zu einem positiven oder negativen Einkaufserlebnis beiträgt. Innovative Ladenkonzepte mit hybriden Checkout-Modellen wie Self-Scanning – mit Smartphone oder smartem Einkaufswagen – oder Self-Checkout als Expresskasse können die Unannehmlichkeit der Warteschlangen beseitigen, indem sie Kundenströme besser verteilen.

Handelsverband: Welche Branche kann hier als Vorreiter genannt werden?

Michael Bauer: Gerade Supermärkte sind prädestiniert für neue Checkout-Konzepte, da sie dem erwähnten Problem der Schlangenbildung entgegenwirken und zudem noch dem Verbraucherwunsch nach verstärkter Selbstbestimmung Rechnung tragen. Mit der Verbreitung von Selbstbedienungskassen im Lebensmitteleinzelhandel liegt Österreich immerhin im europäischen Mittel. Hier ist also noch Luft nach oben, wie auch beim Self-Scanning mit dem Smartphone. Aber auch weitere Bereiche wie der Textilhandel, Drogerien, Baumärkte oder Elektronikmärkte können durch hybride Checkout-Modelle ihre Kassenzone in Stoßzeiten entlasten und gleichzeitig die Customer Experience verbessern.

Handelsverband: Amazon betreibt schon jetzt Supermärkte gänzlich ohne Kassen – die sogenannten „Amazon Go“-Filialen. Dabei können Kund:innen die Ware aus dem Regal nehmen und das Geschäft anschließend einfach verlassen, ohne sich an einer Kasse anstellen zu müssen. Die Bezahlung erfolgt dabei automatisch. Ist so etwas auch für Österreich vorstellbar? Warum bzw. warum nicht?

Michael Bauer: Mit der Vorstellung seines kassenlosen Stores „Go“ hat Amazon ohne Zweifel weltweit den Handel inspiriert. Darüber hinaus ist eine ganze Reihe an Konzepten für Geschäfte entstanden, die einen 24/7-Betrieb ermöglichen könnten. Ob und wie stark Kund:innen die automatisierten Stores nicht nur akzeptieren sondern bevorzugt nutzen werden, muss sich noch herausstellen. Denn offensichtlich bevorzugen Menschen den persönlichen Kontakt, wenn es zu einem Automaten-Store eine Alternative gibt. Zumindest liegt dieser Schluss nahe, nachdem zahlreiche vollautomatisierte Geschäfte mangels Nachfrage nach kurzer Zeit auch wieder schließen mussten.

Handelsverband: Das Smartphone als digitaler Touchpoint: Das Smartphone wird in Zukunft eine größere Rolle spielen, wenn es um Digitalisierung auf der Fläche geht. Inwiefern?

Michael Bauer: Das Smartphone ist Kund:innen eine bestens vertraute Technologie und ständiger Begleiter. Hier sind die Hürden für die Einführung neuer Digitalangebote daher am geringsten. Es ist daher das zentrale Element, wenn Händler:innen neue Digitalangebote, wie Self-Scanning oder Apps, die Kund:innen während ihres Einkaufs etwa für Zusatzinformationen oder individuelle Angebote nutzen können einführen, möchten. Neben einem erhöhten Einkaufserlebnis bietet dabei die Vernetzung von Online- und Offline-Angebot den vielleicht größten Mehrwert für den stationären Handel.

Handelsverband: Vor allem Österreicher:innen lieben es mit Bargeld zu bezahlen. Wird dies überhaupt noch möglich sein, wenn immer mehr Händler:innen auf digitale Technologien wie zum Beispiel den Self-Checkout setzen?

Michael Bauer: Tatsächlich ist Österreich ein Bargeld-Land – laut einer aktuellen YouGov-Studie zahlen fast 80 % der befragten Personen am liebsten in bar. Die häufigsten Gründe für die Bargeldnutzung sind Anonymität, Vertrautheit und ein schnellerer Bezahlvorgang. Die Umfrage zeigt aber auch, dass die kontaktlose Zahlung zunimmt – sicherlich zusätzlich verstärkt durch die Pandemie. Mit dem Trend hin zu alternativen Bezahlmethoden und selbstverständlich auch durch den verstärkten Einsatz digitaler Technologien im Handel, geht auch häufig die Diskussion Cash versus Non-Cash einher.

Doch auch wenn Bargeld zunächst den Anschein erweckt, im Widerspruch zu Digitalisierungsstrategien zu stehen, so erlauben es innovative Cash-Management-Systeme, Bargeld automatisiert zu verarbeiten und damit Cash zu digitalisieren. Dabei ist es unerheblich, ob die Cash-Recycler an traditionellen von Mitarbeitenden bedienten Kassen, am Self-Checkout oder auch an Pre-Order- und reinen Bezahlstationen zum Einsatz kommen.

Michael Bauer ist COuntry Head bei GLORY in Österreich.
Seit 2020 treibt er dast Wachstum im fokussierten Retail-Markt voran.

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