Der Digital Services Act (DSA oder auch Gesetz über digitale Dienste) trat am 16. November 2022 in Kraft. Die Geltung beginnt ab 16. Februar 2024 und bringt eine wahre Fülle an neuen Rechten und Pflichten mit sich. Reguliert werden durch die neuen Bestimmungen vor allem Onlineplattformen, insbesondere jene, die sich durch eine relevante Größe auszeichnen, wie etwa die Internet-Riesen Google, Amazon, Facebook und Co. Auch Online-Händler sind von den Neuerungen betroffen (siehe dazu: Legal Update #6: Digital Services Act – Was wird sich für Händler ändern?).
Eine sehr wesentliche Änderung stellen die Regelungen zur Gewährleistung eines sicheren Online-Umfelds für Verbraucher:innen dar. Um besagtes sicheres Online-Umfeld zu gewährleisten, zielen die Bestimmungen des DSA unter anderem darauf ab, illegale Inhalte (zB terroristisches Material) und Hassrede von großen Onlineplattformen zu verbannen. Darin überschneiden sich die europäischen Vorgaben jedoch mit dem bereits am 1. Jänner 2021 in Kraft getretenen österreichischen Kommunikationsplattformengesetz (KoPl-G).

1. DSA – Gesetz über digitale Dienste
Durch seinen Verordnungscharakter ist das Gesetz über digitale Dienste in allen europäischen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar; Geltungsbeginn ist der 16. Februar 2024. Neben den zahlreichen neuen Regelungen den Umgang von großen Internetplattformen mit Ihren Nutzer:innen betreffend, sorgten vor allem die neuen Bestimmungen zu gesellschaftlichen Problemen wie Hassrede und Desinformation auf (großen) Onlineplattformen für Diskussionsstoff. Bereits im Vorfeld wurde intensiv über eine mögliche Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet diskutiert. Ausgangspunkt der Diskussion sind die Verpflichtungen für Onlineplattformen, härter gegen Hassrede vorzugehen. Dabei stellt sich von vornherein schon das Problem einer allgemein gültigen Definition des Begriffs “Hassrede”, die sich jedoch in der neuen Verordnung nicht findet. Vielmehr wird in den Erwägungsgründen der Verordnung auf den “Verhaltenskodex der EU-Kommission für die Bekämpfung rechtswidriger Hassreden im Internet” von 2016 verwiesen, der wiederum auf den “Rahmenbeschluss des Rates zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit” von 2008 verweist. Letztgenannter definiert Hassrede im Netz als “die öffentliche Aufstachelung zu Gewalt oder Hass gegen eine nach den Kriterien der Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft definierte[n] Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe.”
Auffallend ist, dass sich genannte Definition von Hassrede nur auf Äußerungen mit rassistischem Inhalt bezieht, nicht jedoch auf Inhalte, die sich gegen Mitglieder anderer marginalisierter Gruppen richten. Inwieweit das Gesetz über digitale Dienste hier also umfassend genug formuliert worden ist, bleibt fraglich.
Ausgenommen von den neuen Verpflichtungen des DSA in Bezug auf Hassrede werden kleine Unternehmen und Start-ups, während große Onlineplattformen und Suchmaschinen, also jene, die im Monat von mehr als 45 Millionen Menschen in der EU (10 Prozent der europäischen Bevölkerung) genutzt werden, in die Pflicht genommen werden.
Wie der Umgang mit den neuen Bestimmungen in der Union gehandhabt werden wird, bleibt vorerst abzuwarten.
2. Kommunikationsplattformengesetz – Eine österreichische Lösung
Bereits mit 1. Jänner 2021 trat in Österreich das Kommunikationsplattformengesetz (KoPl-G) in Kraft, das “die rasche Lösung von Hetze, Verleumdung und Hass im Netz sicherstellen” sollte. Zur Umsetzung dieser Ziele sollten Diensteanbieter, die Kommunikationsplattformen betreiben, in die Pflicht genommen werden. Erfasst sind jedoch nur Plattformen mit über 100.000 registrierten Nutzer:innen in Österreich. Einige spezifische Plattformen werden sogar explizit von den Bestimmungen des KoPl-G ausgenommen, wie zum Beispiel Online-Foren von Medienunternehmen (nach dem österreichischen Mediengesetz) oder Online-Enzyklopädien. Die Regelungen des KoPl-G umfassen unterschiedliche Verpflichtungen: So müssen betroffene Plattformen etwa einen für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben verantwortlichen Beauftragten bestellen und der Kommunikationsbehörde Austria als Aufsichtsbehörde einmal jährlich, größere Plattformen mit über einer Million registrierter Nutzer:innen sogar halbjährlich, über den Umgang mit Nutzermeldungen Bericht erstatten (§§ 4 u 5 KoPl-G). Außerdem müssen Plattformen ein schnelles und transparentes Meldeverfahren für den Umgang mit strafrechtswidrigen Inhalten einrichten. Vor allem dieser Punkt soll ein rasches Löschen von etwaig rechtswidrigen Inhalten gewährleisten.
Den Begriff “rechtswidrige Inhalte” definiert das KoPl-G über die Bestimmungen des österreichischen Strafgesetzbuches (StGB). So fallen darunter etwa die Verhetzung (§ 283 StGB), die Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten (§ 282a StGB) oder die Herabwürdigung religiöser Lehren (§ 188 StGB), wobei es für eine Löschung eines etwaig rechtswidrigen Inhalts reicht, dass diese Tatbestände in einem Posting objektiv verwirklicht werden und nicht gerechtfertigt sind. Der große Generalbegriff Hassrede, der auch ein Stein des Anstoßes für dieses Gesetz war, umfasst dabei mehrere der im Gesetz genannten Straftatbestände.
Die politische Initiative für dieses Gesetz kam von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler und Justizministerin Alma Zadić, und sorgte bereits im Vorfeld für einigen Diskussionsstoff. Auch hier meldeten sich kritische Stimmen, die eine mögliche Beschneidung der freien Meinungsäußerung und eine Zensur des Online-Diskurses befürchteten. Aufgrund dieser Bedenken räumt das KoPl-G betroffenen Nutzern, deren Beiträge gelöscht werden, das Recht auf ein Beschwerdeverfahren ein (§ 7 KoPl-G).
Neben Österreich haben unter den europäischen Mitgliedstaaten auch Deutschland, Dänemark und Frankreich eigene Gesetze zur Regulierung von Onlineplattformen verabschiedet, die ein ähnliches Ziel verfolgen. Dieses Vorpreschen einzelner Mitgliedstaaten könnte sich jetzt als verlorene Liebesmüh herausstellen, da die jeweiligen nationalen Regelungen zukünftig durch jene des DSA (zumindest teilweise) verdrängt werden.
3. Fazit und das Problem der Verdrängung
Ein steter Kritikpunkt am österreichischen KoPl-G war die Tatsache, dass, noch bevor sich der Gesetzgeber über den genauen Inhalt und den Umfang des damals geplanten Gesetzes einig war, parallel ein Verordnungsentwurf der EU vorlag, dessen Regelungsbereich sich bereits damals zu einem großen Teil mit jenem des geplanten KoPl-G deckte.
Bis zum Geltungsbeginn der Regelungen des DSA am 16. Februar 2024 können die österreichischen Gerichte und Behörden noch alle Bestimmungen des KoPl-G anwenden. Danach werden diese jedoch durch jene des DSA verdrängt werden. Über die Sinnhaftigkeit des österreichischen Gesetzes lässt sich daher nach wie vor, vor allem in Anbetracht des dafür aufgewendeten politischen Aufwands und der kurzen Geltungsdauer, trefflich streiten. Trotzdem muss freilich festgehalten werden, dass das österreichische KoPl-G, wenn auch nur für eine kurze Zeit, von Hassrede betroffenen Verbraucher:innen die Möglichkeit einräumt, sich dagegen zu wehren.
Durchwegs positiv fällt auf, dass die Regelungen des DSA, ähnlich wie jene des KoPl-G, vor allem große Internetplattformen treffen, während kleinere Unternehmen und Händler, für die die Erfüllung der neuen Pflichten wirtschaftlich und organisatorisch schwer zu stemmen gewesen wäre, nicht davon erfasst werden. Hier wurde sowohl von Seiten des europäischen, als auch des österreichischen Gesetzgebers zurecht Rücksicht auf die Interessen der Klein- und Mittelunternehmen genommen.
Welche neuen Regelungen der DSA abgesehen von den hier erläuterten noch mit sich bringt, können Sie in unserem Legal Update #6 nachlesen.

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