Verfälschte Produktbewertungen von oft nur vermeintlichen Kunden auf Online-Vertriebsplattformen stellen eine zunehmende Herausforderung für Onlinehändler dar. Nicht selten handelt es sich dabei nicht nur um Aktionen einzelner Personen, die durch einen sogenannten “Fake Review” oft unsachlich ihren Unmut äußern, sondern vermehrt auch um sogenannte “Bewertungsmakler”, die im Auftrag eines Konkurrenten gezielt die Bewertungen einer Onlineplattform verfälschen.
Der Onlineversandhändler Amazon geht zunehmend und proaktiv gegen gefälschte Bewertungen aus Spanien, Italien und Deutschland vor (siehe https://help.orf.at/stories/3215680/). Nicht zuletzt die innerstaatlich umgesetzten Regelungen der Omnibus-Richtlinie der EU [Richtlinie (EU) 2019/2161] fungierten hier als rechtliche Grundlage.

1. Europäische Richtlinienvorgaben
Die genannte Omnibus-Richtlinie zielt darauf ab, einerseits Verbraucherschutzvorschriften innerhalb der EU zu verbessern, v.a. was die Durchsetzbarkeit derselben betrifft. Andererseits werden auch lauterkeitsrechtliche Bestimmungen, konkret Bestimmungen in der sogenannten “Schwarze Liste” ergänzt, die v.a. die Bewertung von Produkten betreffen.
2. Österreich – Erweiterung der “Schwarzen Liste”
Die sogenannte “Schwarze Liste” des UWG, in Umsetzung der Omnibus-Richtlinie, enthält eine Aufzählung von “per-se-Verboten”, also von konkreten Tatbeständen, die jedenfalls als wettbewerbswidriges Verhalten zu qualifizieren sind. Unterschieden werden dabei jeweils irreführende Geschäftspraktiken und aggressive Geschäftspraktiken. Durch die neu eingeführten Bestimmungen wurden die jedenfalls irreführenden Geschäftspraktiken der Schwarzen Liste um zwei Tatbestände betreffend Produktbewertungen ergänzt. Eine jedenfalls irreführende Geschäftspraxis stellt nun dar:
- die Behauptung, dass Bewertungen von Verbrauchern stammen, ohne dies zu prüfen (Anhang UWG Z 23b) sowie
- die Abgabe gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen bzw. eine Erteilung des Auftrags, gefälschte Bewertungen oder Empfehlungen abzugeben (Anhang UWG Z 23c).
Diese Erweiterung des Anhangs des UWG bringt vor allem den Vorteil, dass Händler, die von sogenannten “Fake Reviews” betroffen sind, nun nicht mehr darlegen müssen, dass diese Methode der zu Unrecht negativen Bewertung von Produkten eine irreführende Geschäftspraktik ist. Durch die konforme Richtlinienumsetzung zählen seit 20. Juli 2022 auch falsche oder gefälschte Verbraucherbewertungen zu den Tatbeständen der “Schwarzen Liste” und stellen damit per-se irreführende, wettbewerbswidrige Geschäftspraktiken dar.
Das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (dUWG) wurde im Zuge der Umsetzung der Omnibus-Richtlinie ebenfalls hinsichtlich eigener Verbotstatbestände betreffend falsche Verbraucherbewertungen ergänzt. Die neuen Bestimmungen entsprechen dabei jenen des österreichischen UWG.
3. Wie sich wehren?
Aber welche Maßnahmen kann nun ein Händler setzen, der von “Fake Reviews” betroffen ist? Hier greifen die bereits etablierten Rechtsbehelfe des Lauterkeitsrechts: Versucht sich ein Mitbewerber durch eine wettbewerbswidrige Geschäftspraxis einen unlauteren Vorteil gegenüber einem anderen Mitbewerber zu verschaffen, so gewährt das österreichische Lauterkeitsrecht dem zu Unrecht beeinträchtigten Mitbewerber eine Reihe von Möglichkeiten, um sich zur Wehr zu setzen. Folgende zivilrechtliche Ansprüche können geltend gemacht werden:
- Unterlassung
- Beseitigung
- Schadenersatz und
- Urteilsveröffentlichung.
Für Händler, die von “Fake Reviews” betroffen sind, stellt vor allem die Klage auf Unterlassung sowie jene auf Beseitigung einen wichtigen Rechtsbehelf dar, da es in erster Linie darum geht, die falschen oder gefälschten Bewertungen aus der Welt zu schaffen. Der Unterlassungs- bzw Beseitigungsanspruch steht jedem zu, der durch einen Verstoß gegen die Bestimmungen des UWG unmittelbar betroffen ist. Im Fall der gefälschten oder falschen Bewertungen hat also jeder Händler, auf dessen Plattform solche Bewertungen abgegeben werden, einen Anspruch auf Beseitigung dieser Bewertungen, wie auch darauf, dass das weitere falsche Bewertungen unterlassen werden. Ein praktisches Problem stellt hier jedoch dar, dass es schwer sein kann, jene negativen Bewertungen, die fälschlicherweise abgegeben worden sind, von jenen negativen Bewertungen, die tatsächlich von echten Kunden abgegeben worden sind, zu trennen. Im Fall von Amazon wird laut eigener Aussage des Vertriebs-Riesen ein weltweit operierendes Team, bestehend aus Ermittlern, Anwälten, Analysten und anderen Spezialisten, eingesetzt, um die “Falschheit” von negativen Bewertungen zu verifizieren.
Der Anspruch auf Schadenersatz ist in der Praxis oft nur schwer durchzusetzen, was vor allem Beweisschwierigkeiten geschuldet ist. Zweckdienlicher ist hier der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung, da dieser die Möglichkeit der Klarstellung bietet. Ein Händler, dessen Plattform durch falsche Bewertungen betroffen ist, kann mittels Urteilsveröffentlichung seine Kunden über die unlautere Beeinträchtigung aufklären und durch “Fake Reviews” bedingte falsche Vorstellungen von Verbrauchern wieder ausräumen.
4. Fazit
Für von “Fake Reviews” betroffene Händler stellt die Erweiterung des UWG durch die Omnibus-Richtlinie eine willkommene Neuerung dar, da sie ganz klar festlegt, dass falsche oder gefälschte Verbraucherbewertungen eine irreführende Geschäftspraxis, und damit eine wettbewerbswidrige Handlung, sind. Aber: So praktisch die neuen Grundlagen auch sind, so schwierig ist in der Praxis der Nachweis der “Falschheit” einer (vermeintlichen) Verbraucherbewertung, da dafür ein nicht zu unterschätzender Aufwand – man bedenke zum Beispiel die notwendige technische Recherche – betrieben werden muss.

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