Legal Update #34: Neue gesetzliche Regelung der Kennzeichnungspflicht im Influencer Marketing in Deutschland

Dass es eine Kennzeichnungspflicht von werblichen Inhalten im Influencer Marketing gibt, ist mittlerweile in der Branche etabliert und auch durch mehrere gerichtliche Entscheidungen untermauert. Ein großes Fragezeichen war bis dato jedoch immer die genaue Ausgestaltung und die Reichweite dieser Kennzeichnungspflicht, die lediglich durch einige Entscheidungen einzelner (deutscher) Gerichte abgesteckt worden ist.
Abhilfe soll in Deutschland nun eine eigene gesetzliche Regelung schaffen, die im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht geschaffen wurde und am 28. Mai 2022 in Kraft getreten ist.

1. Was bisher geschah

Influencer Marketing ist über die vergangenen Jahre von einer vereinzelt genutzten Werbemöglichkeit zum fixen Bestandteil in den Marketingstrategien vieler Unternehmen avanciert. Die relativ rasch voranschreitende Kapitalisierung von Social Media Stars und die Nutzung von deren Reichweite zum Absetzen von Werbebotschaften warf natürlich auch zahlreiche Fragen zur rechtlichen Einordnung derartiger Werbeschaltungen auf.

In Österreich werden die Verpflichtungen zur Werbekennzeichnung in mehreren unterschiedlichen Gesetzen geregelt, was das Aufstellen allgemeiner Kennzeichnungsgrundsätze nicht gerade erleichtert. Eine einheitliche gesetzliche Regelung zur Kennzeichnung von werblichen Beiträgen gibt es daher auch nicht für den Bereich des Influencer Marketings.

Vielmehr orientiert man sich in der Praxis an den bestehenden gesetzlichen Regelungen und den Entscheidungen der, vor allem deutschen, Gerichte, die für den jeweiligen Einzelfall Klarheit schaffen. Eine Orientierung an der deutschen Rechtslage liegt nahe, da diese, was die Verpflichtung zur Kennzeichnung von Werbung betrifft, der österreichischen sehr ähnlich ist und die österreichischen Gerichte bis dato keine relevante Entscheidung zum Thema Influencer Marketing vorweisen können. So ermöglichten zuletzt im Herbst 2021 drei Entscheidungen des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) den Rahmen der Kennzeichnungspflicht etwas enger abzustecken.

Endgültige Klarheit brachten jedoch auch diese Entscheidungen (leider) nicht.

2. Das neue Gesetz und § 5a Abs 4 dUWG

Diesen Missstand wollte der deutsche Gesetzgeber auszuräumen und beschloss das am 28. Mai 2022 in Kraft getretene “Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht” (GSVWG). Das Gesetz soll vor allem die Transparenz von Online-Marktplätzen verbessern, aber auch die Rechtssicherheit in Bezug auf Influencer Marketing erhöhen, die aufgrund der uneinheitlichen Gesetzeslage, sowie der sehr diversen und sehr kasuistischen Rechtsprechung weder für die Influencer selbst, noch für die Verbraucher, die deren Inhalte konsumieren, gegeben ist. Dementsprechend wurden dem deutschen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (dUWG) durch das GSVWG einige Bestimmungen hinzugefügt, andere bereits bestehende Regelungen wurden ergänzt.

Die neuen Bestimmungen zur Kennzeichnungspflicht im Influencer Marketing finden sich im neu eingeführten § 5a Abs 4 dUWG mit folgendem Gesetzeswortlaut:

Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.

Diese Ergänzung des § 5a dUWG soll von nun an allgemein gültig festlegen, wann und auf welche Weise Inhalte von Influencern als Werbung gekennzeichnet werden müssen. Dabei wird auf eine Kennzeichnungspflicht einer geschäftlichen Handlung abgestellt, wenn dieser ein “kommerzieller Zweck” zugrunde liegt.

Ob einer geschäftlichen Handlung ein “kommerzieller Zweck” zugrunde liegt, und sie dadurch kennzeichnungspflichtig wird, macht die neue dUWG-Bestimmung davon abhängig, ob der Handelnde für die geschäftliche Handlung ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung von einem fremden Unternehmen erhält oder sich eine solche versprechen lässt.

Im Zweifel wird nach § 5a Abs 4 dUWG vermutet, dass der Handelnde eine Gegenleistung erhalten hat oder ihm eine solche versprochen wurde, es sei denn, der Influencer kann das Gegenteil glaubhaft machen (z.B. mittels Rechnung über den Kauf des Produkts).

Dadurch wird auch die oft diskutierte Frage geklärt, ob Influencer Beiträge über Produkte, die sie selbst erworben haben, als Werbung kennzeichnen müssen. UE müssten solche Beiträge nach der neuen Bestimmung nicht gekennzeichnet werden, da sie zwar zugunsten eines fremden Unternehmens geschaltet werden können, dafür aber kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung geboten oder versprochen wird.

Insgesamt nimmt die neue gesetzliche Bestimmung Influencer im Hinblick auf die Kennzeichnung werblicher Inhalte mehr in die Pflicht. Dabei wird jedoch hauptsächlich der Rahmen der Kennzeichnungspflicht abgesteckt, der bereits vor der neuen dUWG-Bestimmung durch die deutsche Judikatur abgesteckt worden war.

3. Fazit

Die versprochene Rechtsicherheit wird dadurch uE jedoch nicht gänzlich erreicht, stellen sich doch relativ schnell weiterführende Fragen: Ist die einseitige Zusicherung eines Entgelts oder einer ähnlichen Leistung durch ein Unternehmen an einen Influencer ohne dessen “Annahme” der Versprechung von § 5a Abs 4 dUWG erfasst? Ab wann gilt eine Gegenleistung als versprochen? Wie kann ein Influencer glaubhaft machen, dass eine Gegenleistung nicht versprochen wurde? Welche Gegenleistungen, die nicht entgeltähnlich sind, führen zu keiner Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht?

Diese und noch viele weitere Fragen werden zukünftig durch die Gerichte beantwortet werden müssen. Damit ändert sich für die Influencer, die sich auch bis dato stets in ihrem beruflichen Alltag an den Entscheidungen der Rechtsprechung orientieren mussten, und für Unternehmen, die sich Influencer bedienen, relativ wenig.

Abzuwarten bleibt auch, ob die neuen Vorgaben des dUWG auch einen Einfluss auf die Kennzeichnungspraxis in Österreich haben werden, da man sich auch bis dato, nicht zuletzt aufgrund der fehlenden österreichischen Judikatur zu dem Thema, sehr stark an der Rechtsprechung und den gesetzlichen Bestimmungen aus Deutschland orientiert hat.

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