Arbeit für Menschen mit Behinderung

Als Europas größtes gemeinnütziges IT-Unternehmen beschäftigt AfB eine große Anzahl an Menschen mit Beeinträchtigungen. Kurt Essler war er wesentlich am Aufbau der AfB in Österreich beteiligt und ist mit seinem Führungsteam für den gesamten Vertriebs- und Produktionsbereich verantwortlich und wir haben ihn dazu interviewt.

Was macht die AfB gGmbH genau?

Die AfB gGmbH – ist ein Inklusionsunternehmen und verbindet professionelle IT-Dienstleistungen mit sozialem und ökologischem Mehrwert. Wir sind darauf spezialisiert, ausgemusterte Business-IT von Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen zu übernehmen und nach zertifizierter Datenlöschung die Geräte für die Wiederverwendung aufzubereiten. Damit erweitern wir den Produktlebenszyklus von gebrauchter Hardware, schonen natürliche Ressourcen und reduzieren CO2-Emissionen. Durch die Wiederaufbereitung und den Verkauf gebrauchter IT- und Mobilgeräte schaffen wir wertvolle Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung. 

Kooperationspartner nutzen unsere Kerndienstleistungen, in dem sie uns ihre nicht mehr benötigte IT-Hardware am Ende des Lifecycles überlassen. Ausgemusterte Geräte werden von uns österreichweit abgeholt, inventarisiert, zertifiziert gelöscht, getestet, repariert, gereinigt und anschließend mit einer Garantie von mindestens 12 Monaten wiedervermarktet. Nicht alle übernommenen Teile eignen sich zur Wiederverwertung. Hardware, die nicht repariert werden kann, werden von uns fachgerecht zerlegt und entsorgt. Somit können jährlich mehrere tausend Tonnen Rohstoffe eingespart werden.

Geschätzt werden AfB-Geräte zu günstigen Preisen insbesondere von Start-up-Unternehmen, Klein- und Mittelbetrieben, Ein-Personen-Unternehmen, Schulen und Bildungsinstituten, Senioren, NGO´s, gemeinnützigen Einrichtungen, sowie Menschen aus sozial schwächeren Einkommensschichten oder Menschen, denen der sparsame Umgang mit Ressourcen ein besonderes Anliegen ist.

Die AfB ist bereits seit 2004 in Deutschland aktiv, seit 2011 auch in Österreich. Was hat sich in den vergangenen 16 Jahren im Bereich der IT-Hardware-Aufbereitung getan?

Die fortschreitende Dynamik und der Megatrend zur Digitalisierung ist in den letzten 20 Jahren unaufhaltbar geworden und greift heute in jeden Arbeits- und Lebensbereich. Ein Leben ohne Internet, PC/Notebook, Handy oder sozialen Medien ist kaum mehr vorstellbar. Digitalisierung steigert die Chancen für Innovationen, integriert aber auch die Verantwortung für ihre Folgen. Ein umfassendes und sensibles Nachdenken über die Wechsel- und Folgewirkungen durch die globale Ausbreitung neuer Technologien auf Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt hat in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnen.

CO2-Emissionsreduktion vor dem Hintergrund der gesetzten Klimaschutzziele, insbesondere der Ressourcen-schonende Umgang mit Rohstoffen, bekommt in der Digitalisierungsdynamik einen neuen Fokus. Denn was passiert am Ende der Wertschöpfungskette mit alter oder gebrauchter Hardware, die in immer kürzer werdenden Zyklen ausgetauscht oder technologisch aufgerüstet werden muss? Laut Global 2000 fallen in Österreich pro Jahr 83.074 Tonnen Elektroschrott an. Es wird geschätzt, dass weltweit lediglich 25 % der E-Abfälle in formellen Recyclingzentren mit angemessenem Arbeitsschutz und Umweltauflagen recycelt werden. Dass im Sinne einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft eine nachweisliche Wirkung auf die Ökobilanz erzielt werden kann, ist in vielen Bereichen erwiesen.

Mindestens die Hälfte der Beschäftigten bei der AfB in Österreich sind Menschen mit Handicap. Warum klappt die Inklusion bei Ihnen so gut?

Menschen mit Behinderung sind für uns die „Hidden Champions“. Als Europas größtes gemeinnütziges IT-Unternehmen, das durch die Aufbereitung und den Verkauf gebrauchter IT- und Mobilgeräte Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung schafft, werden wir oft gefragt, wie denn die Zusammenarbeit mit Behinderten bei uns funktioniert, welche Probleme es gibt, auf welche Faktoren wir Rücksicht nehmen müssen, bis hin zu, ob wir überhaupt wettbewerbsfähig seien. Unsere tiefe Überzeugung nach mittlerweile mehr als 10—jähriger Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung in Österreich ist, dass diese als „Hidden Specialists“ mit ihren ganz spezifischen Stärken einen sehr wertvollen Beitrag zum wirtschaftlichem Erfolg leisten können.

 

Ein “Hidden Champion” bei der Arbeit am PC.
(c) AfB

Die Kernfrage für eine erfolgreiche Inklusion ist, wie Menschen mit Beeinträchtigung bestmöglich in den Arbeitsprozess und in die Arbeitsabläufe eingebunden werden können und welches Arbeitsumfeld und welche Rahmenbedingungen vom Unternehmen zu schaffen sind, sodass sie genau ihre spezifischen Stärken entsprechend auch entfalten können. Bei uns arbeiten Menschen mit Handicap in integrierten Teams in allen Bereichen, von der Logistik und Technik, über die Verwaltung, bis hin zu Lager, Verkauf, Beratung und Entwicklung. Sie sind dankbar für die Tätigkeit bei der AfB, denn sie übernehmen bei uns auch wirklich wertvolle Aufgaben im Kerngeschäft der IT-Dienstleistung. Sie haben klar definierte Kompetenzbereiche, treffen Entscheidungen und sind in den Teams als vollwertige Mitarbeiter integriert.

Wenn wir von Behinderung sprechen, haben viele sofort das Bild eines Rollstuhlfahrers, also eines körperlich behinderten Menschen vor Augen. Wir beschäftigen in Österreich aber auch psychisch kranke Menschen, oder sozial behinderte Menschen. Dazu zählen unter anderem auch junge Mitarbeiter, die mit 25 Jahren noch nie die Chance auf einen Arbeitsplatz hatten und bei uns erstmals Dinge wie Pünktlichkeit, Disziplin und Verlässlichkeit lernen. Die bewusste Durchmischung der Teams – und eben nicht die geschützte Werkstatt – hilft hier enorm.

Kooperieren Sie auch mit dem klassischen Elektro-Einzelhandel in Österreich?

Bisher gibt es in Österreich leider keine Kooperationen mit dem klassischen Elektro-Einzelhandel oder Elektrofachmärkten. Hier wären wir aber sehr gerne für Gespräche offen, denn es gäbe sicher einige interessante Ansätze und Ideen, die man gemeinsam diskutieren und austauschen könnte. Beispielsweise eine Annahmestelle für retournierte fehlerhafte oder gebrauchte Hardware, sofern diese nicht zu alt ist, verbunden mit einer Anrechnung beim Kauf von einem neuen Gerät.

Kurt Essler (c) AfB

Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Ihr Geschäft aus?

Zurzeit könnten wir Unmengen an PCs oder Notebooks verkaufen, da der Bedarf in der aktuellen Corona-Krise unheimlich groß ist. Mit unserem „social & green IT-Refurbishing-Geschäftsmodell“ zur Wiederaufbereitung von gebrauchter Hardware sind wir derzeit ein sehr gefragter und enorm wichtiger Krisenpartner für viele Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, sowie Schulen und Versorgungsbetriebe, denn wir beliefern und unterstützen mit dringend benötigter Hardware.

Welchen unternehmenskritischen Stellenwert die IT-Infrastruktur für die Fortführung des operativen Betriebsgeschäftes hat, und wie enorm wichtig im Krisen-Anlassfall die kurzfristige Verfügbarkeit der benötigten IT-Endgeräte in entsprechender Anzahl für externe Office-Strukturen ist, hat die Corona Krise akut vor Augen geführt. Durch die wochenlange Drosselung der Notebook Produktion in China waren lange Zeit zu wenig Neugeräte am Markt verfügbar. Für viele Unternehmen war es enorm wichtig, Hardware für die beschränkte Krisenzeit günstig zu erwerben und nicht Neugeräte anschaffen zu müssen. Seit Anfang März konnten wir bereits mehrere tausend Geräte (Notebooks, PCs, Monitore, Drucker) kurzfristig bereitstellen. D.h. wir haben nicht nur die Verfügbarkeit von Geräten erhöht, sondern auch die Wirtschaftlichkeit bezüglich ihrer Anschaffung unterstützt.

Für unsere Kooperationspartner, die uns ihre gebrauchte Hardware für eine Wiederaufbereitung überlassen, ergibt sich damit ein weiterer wichtiger Nutzenaspekt.  Zusätzlich zu den Faktoren, dass Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen und durch IT-Remarketing die Ökobilanz im Zeichen des Klimaschutzes verbessert wird, leistet jeder neue Partner der AfB indirekt auch einen wichtigen Beitrag für Österreichs Wirtschaft und Gesellschaft im Krisenfall.

Was sind Ihre Zukunftspläne mit der AfB?

Für uns ein wichtiger Meilenstein in der AfB Gruppe war 2019 beispielsweise der Markteintritt in die Slowakei und damit die Eröffnung eines ersten Standortes in Osteuropa. Von Österreich aus haben wir die Standorteröffnung begleitet und entsprechenden Know-how Transfer für das lokale Management Team vor Ort geleistet. Der Vorteil: Durch diesen Schritt können wir bestehenden Partnern in Österreich, die mit Standorten in der Region Zentral- und Osteuropa (CEE) vertreten sind, nun auch in der Slowakei unsere Dienstleistungen anbieten.

Wir wollen vor allem aber auch in Österreich weiterwachsen. Ein konkretes Ziel in Österreich ist ein Wachstum in der Region West. Konkrete Standortüberlegungen gibt es aktuell in Oberösterreich, wo die Unternehmensdichte insbesondere im Industriesegment sehr hoch ist und noch wenige Partner gewonnen werden konnten. Regionale Vor-Ort-Präsenz ist hier eines der wichtigsten Schlüsselkriterien zum Erfolg. Da mit einem eigenen AfB Standort in Oberösterreich auch regionale Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung in Oberösterreich geschaffen werden, was vielen Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen für eine Kooperationszusage – verständlicherweise – ein wesentliches Anliegen ist.

Grundsätzlich gilt: AfB-Standorte können jederzeit regional in neuen Bundesländern eröffnet werden. Vorausgesetzt im Bundesland oder in der Region sind genügend Unternehmen, öffentliche Einrichtungen, Institutionen oder Organisationen bereit, eine CSR-Partnerschaft mit uns einzugehen und unsere Kerndienstleistungen als professionelle Dienstleister zu nützen. Bei der Überlassung gebrauchter IT-Geräte gilt die Faustregel: Für die Beschäftigung eines Mitarbeiters mit Behinderung bei der AfB, sind 2.500 Geräte überlassene Geräte pro Jahr notwendig. Über regionale Verbreitung des AfB social & green IT Konzepts kann lokale Wertschöpfung geschaffen und Menschen mit Behinderung in der Region beschäftigt werden. Bei der Eröffnung unseres Standortes in Kärnten hatten wir beispielsweise sehr viel Unterstützung von Seiten der Kärntner Landesregierung, die uns maßgeblich geholfen hat.

 

Möchten Sie mehr über AfB erfahren? Informieren Sie sich unter http://www.afb-group.at.

 

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