1. Einführung
Anzeigen wie “Das weltbeste Smartphone”, “Der Optiker Nummer 1 in Österreich”, “Schneller als die Konkurrenz”, “Österreichs führende Partnervermittlung” sind jedem wohl sinngemäß schon einmal unter die Augen gekommen. All diese Werbeaussagen haben gemein, dass der Werbende damit nicht nur den Eindruck überdurchschnittlicher Qualität betreffend seines Unternehmens bzw seiner Produkte vermittelt, sondern auch das Bestehen einer Allein- oder Spitzenstellung suggeriert. So auch geschehen im Fall des bekannten österreichischen Start Ups “Go Student”, das sich – wie jüngst vom LG Köln entschieden[i] – unzulässiger Weise selbst als “#1 Nachhilfeschule weltweit” bezeichnet hat und damit Anlass für eine Auseinandersetzung derartiger Werbemethoden in diesem Legal Update bietet.

2. Allein- und Spitzenstellungswerbung
Im Falle der Alleinstellungswerbung wird die Behauptung aufgestellt, keinem Wettbewerb ausgesetzt zu sein. Dies erfolgt etwa durch die Bewerbung des Unternehmens oder der Produkte durch Zusätze wie “besser” oder Aussagen wie “Der Schnellste”. Im Rahmen der Spitzenstellungswerbung behauptet der Werbende, dass sein Unternehmen oder seine Produkte jene(s) der Konkurrenz überragen (zB durch Verwendung von Zusätzen wie “besser” oder “erfolgreicher”).[ii] Die Herausstellung eines unternehmens- oder produktbezogenen Wettbewerbsvorsprungs ist nachvollziehbar und grundsätzlich auch zulässig. Rechtlich (mehr als) bedenklich wird es jedoch, wenn der beworbene Vorsprung gar nicht besteht. Den Beurteilungsmaßstab für die beiden Werbeformen bildet das Lauterkeitsrecht als Teil des Wettbewerbsrechts.
Eine behauptete Allein- oder Spitzenstellung muss tatsächlich in allen wesentlichen Bereichen in erheblichem Ausmaß und über einen länger andauernden Zeitpunkt gegenüber Konkurrenten bestehen.[iii] Ist dies nicht der Fall, verstößt die Werbepraktik gegen das Irreführungsverbot gemäß § 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Das eingangs angeführte Beispiel wieder aufgegriffen, bedeutet dies, dass anhand von Kennzahlen (zB Umsatz, Niederlassungen, Mitarbeiter) überprüfbar ist, ob ein Optiker wirklich die “Nummer 1 in Österreich” ist. Ist er dies nicht, begeht er durch die Bewerbung einen Wettbewerbsverstoß.
3. Wo ist die Grenze? Abgrenzung zu marktschreierischen Aussagen und Werturteilen
Maßgebend für die Beurteilung der Irreführung ist, wie die Werbeaussage von dem angesprochenen Publikum nach ihrem Gesamteindruck zu verstehen ist. Eine irreführende Allein- oder Spitzenstellungbehauptung kann nämlich dann ausscheiden, wenn es sich um eine marktschreierische Aussage oder ein reines Werturteil (Meinungsäußerung) handelt.
Marktschreierische Aussagen sind solche, die beim angesprochenen Publikum nicht den Eindruck einer ernstgemeinten Werbeaussage vermitteln, sondern sofort erkennen lassen, dass eine reklamehafte Übertreibung vorliegt. [iv] Dies gilt etwa für die Aussage “Weißer als Weiß”, aber auch für weniger übertriebene Aussagen wie zB “Höchste Qualität” oder “Optimale Saugkraft”.
Das Vorliegen einer Irreführung scheidet auch dann aus, wenn es sich um reine Werturteile (Meinungsäußerungen) handelt, die keiner objektiven Überprüfung zugänglich sind. Solche liegen insbesondere in Geschmacksfragen vor. So sind zB die Aussagen “bester Wein”, “leckerste Pizza” oder “schönste Tapete” rein subjektive Angaben, die keiner Überprüfung zugänglich sind. Zu welchem Produkt eine Werbeaussage getätigt wird, kann somit eine wesentliche Rolle spielen.
Das Vorliegen einer marktschreierischen Aussage oder eines Werturteils schließt nicht automatisch eine Überprüfbarkeit aus. Regelmäßig liegt beiden ein objektiv überprüfbarer Tatsachenkern zugrunde, auf den die Aussage reduziert werden kann. Stimmt dieser Tatsachenkern nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten überein, greift das Irreführungsverbot des UWG.
4. Conclusio
Eine Allein- oder Spitzenstellung, die sich ein Unternehmer hart erarbeitet hat, sollte auch entsprechend beworben werden dürfen. Vor entsprechenden Werbekampagnen sollte jedoch sichergestellt werden, dass die beworbene Markstellung auch tatsächlich besteht. Andernfalls drohen Klagen, vor allem von Mitbewerbern und Verbraucherschutzverbänden. Diesbezüglich spielt auch eine wichtige Rolle, dass der Beklagte die Allein- oder Spitzenstellung beweisen muss, sofern die Beweiserbringung durch den Kläger mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist. Unabhängig von den in diesem Legal Update behandelten Werbeformen sollten Werbeaussagen grundsätzlich auf eine allfällige Irreführung vorab geprüft werden.

[i] Siehe hierzu etwa https://amp2.handelsblatt.com/technik/it-internet/gostudent-europas-wertvollstes-bildungs-start-up-agierte-wettbewerbswidrig-/28981066.html (zuletzt abgerufen am 17.2.2023).
[ii] Vgl Appl in Wiebe (Hrsg), Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht (2022)5, 396 f.
[iii] Vgl OGH 26.8.2008, 4 Ob 107/08a.
[iv] Vgl RIS-Justiz RS0078301.
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