
Unser Legal Update #24 soll einen kurzen Überblick zu ausgewählten Themen der potentiellen, neuen Gesellschaftsform im österreichischen Gesellschaftsrecht, der sog “Flexiblen Kapitalgesellschaft”, geben. Außerdem gehen wir der Frage nach, welche Benefits Händler, Unternehmer und Startups erwarten können.
Seit geraumer Zeit steht der Wunsch nach einer neuen Gesellschaftsform im Raum, die insbesondere Jungunternehmern die Unternehmensgründung erleichtern und attraktiver machen soll. Die österreichische Bundesregierung hat sich vorgenommen, dem Wunsch nach Flexibilität und Vereinfachung durch die Einführung einer neuen Gesellschaftsform nachzukommen. Das vorliegende Legal Update soll einen kurzen Überblick zu ausgewählten Themen der potentiellen, neuen Gesellschaftsform im österreichischen Gesellschaftsrecht, der sog “Flexiblen Kapitalgesellschaft”, geben. Vorweg sei festgehalten, dass noch kein finaler Gesetzesentwurf vorliegt und im Folgenden keine endgültigen Ergebnisse präsentiert werden (können). Die Ausführungen sind somit unter Vorbehalt zu verstehen.
Die Flexible Kapitelgesellschaft als Gesellschaftsform 2.0
Das Regierungsprogramm 2020 – 2024 sieht die Schaffung einer neuen Gesellschaftsform vor. Mit der geplanten Einführung der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexKap), ehemals unter dem Arbeitstitel “Austrian Limited” geführt, soll eine auf Grundlage von internationalen Vorbildern international wettbewerbsfähige Gesellschaftsform geschaffen werden. Die FlexKap soll eine Sonderform der klassischen GmbH und AG darstellen und insbesondere für Start-Ups sowie innovative Klein- und Mittelbetriebe (KMU) interessant sein. Grundsätzlich soll die FlexKap aber allen Unternehmern offenstehen.
Das Mindeststammkapital
Das Mindeststammkapital einer GmbH beträgt derzeit 35.000 EUR, wobei die Hälfte durch Bareinlagen eingebracht werden muss. Daneben besteht momentan die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Gründungsprivilegierung. Bei einer gründungsprivilegierten GmbH ist ein Mindeststammkapital von 10.000 EUR gefordert, wovon 5.000 EUR bar eingebracht werden müssen. Das Aktiengesetz sieht bezüglich des Mindeststammkapitals sogar noch höhere Anforderungen vor. Hier bedarf es eines Mindeststammkapitals von 70.000 EUR.
Die geplante FlexKap soll nach derzeitigem Stand ein Mindeststammkapital von 10.000 EUR aufweisen. Damit würde sie hinter den bisherigen Planungen zur bereits erwähnten, ursprünglich geplanten Austrian Limited zurückbleiben, da zwischenzeitlich über ein Mindeststammkapital von 5.000 EUR diskutiert wurde. Die bekannten Formen der Aufbringung – Hälfte Bareinlagen, Hälfte Sacheinlagen – wird weiterhin Bestand haben. Zur Diskussion steht aber noch, ob zusätzlich eine Einbringung durch Dienstleistungen möglich sein wird. Dies würde einerseits Vorteile bieten, andererseits ist die Bewertungen von Dienstleistungen, insbesondere im Anfangsstadium einer Gesellschaft, nicht ganz unproblematisch.
Im Vergleich zur gründungsprivilegierten GmbH, welche spätestens 10 Jahre nach Gründung in eine klassische GmbH umgewandelt werden muss, soll dies für die FlexKap wohl nicht gelten. Eine Umwandlungspflicht in eine klassische GmbH oder AG soll nicht vorgesehen werden, sodass die FlexKap eine eigenständige, dauerhafte Gesellschaftsform darstellen würde.
Formvorschriften für die Errichtung des Gesellschaftsvertrags und der Anteilsübertragung
Sowohl der Abschluss des Gesellschaftsvertrags einer GmbH als auch der Satzung einer AG bedürfen eines Notariatsaktes. Darüber hinaus sehen sowohl das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (“GmbHG”) als auch das Gesetz über Aktiengesellschaften (“AktG”) an diversen Stellen das Mitwirken eines Notars vor. Zu nennen sei hier etwa die Übertragung von GmbH‑Anteilen. Hinsichtlich der Formvorschriften betreffend den Abschluss des Gesellschaftsvertrags einer FlexKap und Anteilsübertragung sind nach aktuellem Stand keine Neuerungen geplant. Nach aktuellem Stand wäre ein Notariatsakt für die genannten Vorgänge notwendig, wobei dies mittlerweile auch auf elektronischem Wege erfolgen kann. Darüber hinaus bleibt es nach momentanem Stand auch bei einer Eintragung der Gesellschaft ins Firmenbuch, so wie es bereits bei der klassischen GmbH und AG der Fall ist.
Ob der Gesetzgeber bis zum finalen Gesetzesentwurf vom eben Erwähnten abweichen wird, steht noch offen. Insbesondere die Abschaffung von bürokratischen Hürden wie etwa die der Notariatsaktpflicht und Firmenbucheintragung wurde von vielen Personen in der Lehre und Praxis gefordert. Es bleibt somit abzuwarten, was der finale Gesetzesentwurf vorsehen wird.
Kapitalmaßnahmen und flexible Anteilsvergabe
Es ist kein Geheimnis, dass insbesondere im Anfangsstadium Start-Ups auf Investoren angewiesen sind. Um den Finanzierungsbedarf decken zu können, soll die Eigenkapitalfinanzierung durch die flexible Anteilsvergabe an Investoren vereinfacht werden. Diesbezüglich ist vorgesehen, rasche und formfreie Kapitalerhöhungsmaßnahmen zu ermöglichen. Diskutiert wird etwa über die Möglichkeit des Fassens von Kapitalerhöhungsbeschlüssen im Umlaufweg sowie des Fassens von Vorratsbeschlüssen durch Einführung eines genehmigten Kapitals. Grundsätzlich soll die FlexKap in Bezug auf mögliche Kapitalmaßnahmen an die AG angelehnt werden und somit im Vergleich zur GmbH mehr Optionen bieten.
Darüber hinaus ist für die FlexKap vorgesehen, dass Stammeinlagen von mindestens 1 EUR ausgegeben werden können. Auch dies stellt im Vergleich zur klassischen GmbH einen Unterschied dar, da die Stammeinlage eines GmbH-Gesellschafters mindestens 70 EUR betragen muss. Außerdem soll es Gesellschaftern der FlexKap möglich sein, verschiedene Gattungen von Gesellschaftsanteilen zu erwerben und zu halten. Dies bedeutet, dass ein Gesellschafter etwa stimmrechtslose Gesellschaftsanteile und solche mit Stimmrecht halten kann. Sofern ein Gesellschafter mehrere Geschäftsanteile mit Stimmrecht hält, soll er sein Stimmrecht auch unterschiedlich ausüben können.
Während Geschäftsanteile einer GmbH nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen teilbar sind oder wenn eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag besteht, soll die Teilbarkeit von Anteilen der FlexKap der Regelfall sein.
Mitarbeiterbeteiligungsmodelle
Dass Start‑Ups im Vergleich zu größeren, etablierten Unternehmen nur vergleichsweise geringe Gehälter zahlen können, ist bekannt. Um diese Unternehmen für Fachkräfte attraktiv zu machen, soll die Ausgabe von Unternehmenswertbeteiligungen an Mitarbeiter (“Mitarbeiterbeteiligungsmodelle”) vorgesehen werden. Hierdurch sollen Mitarbeiter an Unternehmen gebunden werden, da durch eine Beteiligung das Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft in den Vordergrund rückt. Bei diesen Unternehmenswertbeteiligungen soll es sich um stimmrechtslose Anteile handeln, sodass diese Beteiligungen rein wirtschaftlichen Charakter haben und keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft vermitteln. Dies stellt einen Unterschied zur klassischen GmbH dar, bei der die Ausgabe von stimmrechtslosen Anteilen absolut unzulässig ist. Außerdem sollen die Unternehmenswertbeteiligungen im Vergleich zu Geschäftsanteilen einfacher übertragen werden können, somit vermutlich ohne Notariatsakt, wobei eine Übertragung an Dritte ausgeschlossen sein soll. Zur Dokumentation der Unternehmenswertbeteiligungen ist aktuell geplant, dass diese nicht in das Firmenbuch eingetragen werden, sondern in einem eigens von der Gesellschaft zu führendem Anteilsbuch dokumentiert werden.
Ausblick
Die Einführung der FlexKap ist grundsätzlich zu begrüßen und wird für angehende und bestehende Unternehmer eine sinnvolle Alternative zu den bereits bestehenden Kapitalgesellschaftsformen bieten. Inwiefern die dargelegten Vorhaben tatsächlich in die Realität umgesetzt werden, wird sich erst mit dem noch ausstehenden Gesetzesentwurf zeigen. Festzuhalten ist, dass die FlexKap, wie der Name bereits vermittelt, im Vergleich zu den bereits bestehenden Kapitalgesellschaftsformen Flexibilisierungen mit sich bringen soll und wohl einen Hybrid aus GmbH und AG darstellen wird.

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