
Facebook’s Konzept seines Marketplace unterscheidet sich grundlegend von jenem der anderen Online-Plattformen, zielt es doch vorrangig auf Affekt- und Impulskäufe ab. Andererseits tummeln sich auf der Plattform nicht nur Händler, sondern auch Konsumenten, die Produkte an andere Konsumenten anpreisen. Damit verwischen die Grenzen zwischen B2C- und C2C-Geschäften. Zweifelsohne tun sich zahlreiche juristische Problemfelder auf: vom mittlerweile bekannten DSGVO-Thema gerade (und verschärft) in Bezug auf Facebook, über Konsumentenschutz und Fernabsatz, bis letztlich zu möglichen unlauteren Geschäftspraktiken, wie besondere Drucksituationen für Verbraucher, wenn ein bestimmtes Produkt oder sein Preis nur binnen kürzester Zeit verfügbar ist.
Die schöne neue Welt des Facebook Marketplace
Amazon und Google sind in der Tat die Platzhirschen, wenn es darum geht, eine Handelsplattform für Händler zur Verfügung zu stellen. Auch Facebook möchte sich freilich mit einer anderen Herangehensweise ebenso ein Stück des Kuchens zu sichern. Facebook’s Konzept (siehe unten im Detail) unterscheidet sich grundlegend von jenem der anderen Plattformen, zielt es doch einerseits auf ein Publikum mit Hang zu Affekt- und Impulskäufen und mit eher niedrigeren EUR-Beträgen ab. Andererseits verwischt Facebook als Plattformbetreiber die ohnehin teils dünne Grenze zwischen B2C- und C2C-Geschäften.
Online-Marktplätze wie der Facebook Marketplace sind freilich im Leben vieler Internetnutzer zu einer Alltäglichkeit geworden. Neue Probleme sind gekommen: Intransparenz im Umgang mit personenbezogenen Daten und die datenschutzrechtlich fragwürdige Ausgestaltung vieler Plattformen und in deren Rahmen eingesetzter Drittanbieter-Tools stellen hierbei nur die Spitze des Eisbergs dar. Überdies wandeln Rechtsunterworfene bei dem Versuch, teils widersprüchliche und wirklichkeitsferne Bestimmungen umzusetzen, auf einem immer schmaler werdenden Grad zwischen Rechtskonformität und Realität. Im nachfolgenden Beitrag wird sowohl auf das dem Facebook Marketplace zugrundeliegende Konzept näher eingegangen als auch auf rechtliche Problemfelder in den Bereichen Datenschutz, Konsumentenschutz und unterlautere Geschäftspraktiken näher eingegangen.
Funktion und Konzept
Laut unternehmenseigenen Angaben dient der Facebook Marketplace dazu, “[…] Dinge in deiner Umgebung einfach und praktisch kaufen oder verkaufen“[i] zu können. Durch das Erstellen von Kleinanzeigen können Facebook-Nutzer (also zumeist Händler) unterschiedlichste Gegenstände zum Verkauf anbieten. Dazu wird ein Bild des Kaufgegenstandes hochgeladen, versehen mit einer kurzen Beschreibung desselben und einem Preis. Eine solche Anzeige stellt jedoch kein fixes Verkaufsangebot dar, sondern vielmehr eine Aufforderung an mögliche Interessenten zur Abgabe eines Angebots. Als potentieller Käufer hat man dann die Möglichkeit, per Direktnachricht mit dem Verkäufer in Kontakt zu treten.
Dieses Konzept ist kein neues, man denke an vergleichbare Angebote von eBay oder dem österreichischen Online-Marktplatz willhaben.at. Facebook hat das Rad also nicht neu erfunden, es jedoch wesentlich abgerundet. Der Marketplace mit seinen Kleinanzeigen ist direkt in der Facebook-App implementiert, die Korrespondenz zwischen Anbietern und Interessenten findet nicht via E-Mail, sondern direkt via Facebook Messenger statt. Als Nutzer bedient man sich also einfach jener Tools, die man aus dem alltäglichen Gebrauch kennt und für gewöhnlich ohnehin bereits nutzt.
Und genau hier liegt das große Potential des Marketplace: Während andere Anbieter erst Nutzer akquirieren müssen, kann Facebook auf seine enorme Nutzerbasis von 1,79 Milliarden täglichen Nutzern[ii] zurückgreifen. Da sich der Marketplace quasi nahtlos in die übrigen Funktionen von Facebook einfügt, erleichtert er den Einstieg für potentielle Nutzer. Das Layout ist vertraut, eine gesonderte Anmeldung oder das Erstellen eines eigenen Benutzerkontos entfällt.
Verbraucherschutz?
Facebook selbst stellt mit dem Marketplace nur eine Plattform zur Verfügung, auf der Gegenstände zum Verkauf angeboten werden. Etwaige Pflichten aus dem Verbraucherschutzrecht treffen daher grundsätzlich nicht Facebook, sondern den Verkäufer.
Das Gros der Anzeigen im Marketplace wird von privaten Verkäufern gestellt und richtet sich auch an private Käufer. In diesem Fall kommen etwaige Verbraucherschutzregelungen nicht zur Anwendung, da es sich möglicherweise um Consumer-to-Consumer-Geschäfte handelt (C2C).
Ist derjenige, der die Ware zum Verkauf anbietet, jedoch ein gewerblicher Verkäufer, treffen ihn als Unternehmer die Pflichten aus dem Verbraucherschutzrecht, etwa aus dem (österreichischen) Konsumentenschutzgesetz (“KSchG“); zu denken ist hier vor allem an die allgemeinen Informationspflichten des § 5a KSchG.
Außerdem kommt (üblicherweise) das (österreichische) Fernabsatz- und Auswärtsgeschäfte-Gzes (“FAGG“) zur Anwendung: Entscheidend dafür ist, dass die Verträge im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems[iii] abgeschlossen werden, wofür wiederum Voraussetzung ist, dass der Unternehmer organisatorisch auf den Fernabsatz vorbereitet ist oder einen diesbezüglichen Anschein erweckt. Das wäre z.B. bei einem Callcenter oder bei Websites mit Bestellfunktion der Fall. Nicht ausreichend ist das bloße Vorliegen einer Website, die Informationen über den Unternehmer, seine Waren/Dienstleistungen und seine Kontaktdaten enthält.[iv] In seiner momentanen Ausgestaltung (in Österreich und Europa) wird über die Plattform selbst kein direkter Zahlungsvorgang abgewickelt. Den Verkäufern wird mit dem Facebook Marketplace lediglich eine Plattform geboten, auf welcher sie ihre Produkte bewerben können und Vertragsverhandlungen stattfinden. Daher ist es fraglich, ob hier die Voraussetzungen für ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem erfüllt sind. Hier ist grundlegend eine Betrachtung im Einzelfall vorzunehmen. Da bereits der Anschein eines auf den Fernabsatz ausgelegten Vertriebssystems ausreicht, um dem FAGG Anwendbarkeit zu verschaffen, kann ein Inserat eines Verkäufers, in welchem er sowohl den genauen Preis nennt, als auch den Versand des Gegenstandes anpreist, bei Vorliegen der anderen Voraussetzungen grundsätzlich zur Anwendung des FAGG führen. Sollte dieser Anschein durch eine andere Ausgestaltung und Präsentation des Angebots nicht erweckt werden, so wird das FAGG wohl keine Anwendung finden.
Auch die vorhergehende Abgrenzung zwischen privatem Verkäufer und Unternehmer scheint auf den ersten Blick nicht schwer, kann in der Praxis jedoch durchwegs Probleme bereiten. Hierbei sind vor allem die jeweilige nationale Rechtsordnung sowie eventuelle europarechtliche Einflüsse beachtlich. Grundsätzlich wird niemand beim einmaligen privaten Verkauf eines Gegenstandes über eine Onlineplattform wie den Facebook Marketplace von einer Unternehmereigenschaft des Verkäufers ausgehen. Erfolgen solche Veräußerungen jedoch öfter und mit einer gewissen Regelmäßigkeit, ist die Abgrenzung schon schwerer. Der Gerichtshof der Europäischen Union (“EuGH“) hat in seiner Judikatur zur Frage nach der Unternehmereigenschaft von Verkäufern auf Onlineplattformen jedoch festgestellt, dass eine natürliche Person, auch wenn sie eine Reihe von Anzeigen schaltet, nur dann als Unternehmerin einzustufen ist, “wenn diese Person im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt“.[v]Für Österreich von vorrangiger Bedeutung für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft ist § 1 KSchG. Demnach ist derjenige Unternehmer, für den das abgeschlossene Geschäft zum gewöhnlichen Betrieb seines Unternehmens gehört. Der Begriff des Unternehmens wird im darauffolgenden Absatz näher definiert: “Unternehmen im Sinn des Abs. 1 Z 1 ist jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Juristische Personen des öffentlichen Rechts gelten immer als Unternehmer”.

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Treffen diese Kriterien auf einen Verkäufer nicht zu, handelt er als Verbraucher. Dann finden die unternehmerischen Pflichten, etwa aus dem Verbraucherschutzrecht, auf ihn keine Anwendung. Auch eventuelle Gewährleistungspflichten für Mängel am Kaufgegenstand können dann wirksam ausgeschlossen werden. Unterliegt der Vertrag hingegen dem KSchG, da der Verkäufer ein Unternehmer und der Käufer ein Verbraucher ist, ist ein Gewährleistungsausschluss vor Kenntnis des Mangels unzulässig — die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche bleiben bestehen.
Für den rechtsgültigen Ausschluss der Gewährleistung sind aber zusätzlich noch einige Punkte zu beachten. Zum einen gilt der Ausschluss nicht für gravierende Mängel, die für den Käufer nicht vor Vertragsabschluss offensichtlich waren oder vom Verkäufer arglistig verschwiegen wurden. Zum anderen ist auch vor falschen Formulierungen Vorsicht geboten, da diese die Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses herbeiführen können. Um die Gewährleistung rechtswirksam auszuschließen, müssen die Verkäufer daher im Inserat deutlich auf den Ausschluss hinweisen und Verwechslungen mit Begrifflichkeiten, die im Alltag gerne in diesem Kontext verwendet werden, wie z.B. Garantie, vermeiden.
Es ist an dieser Stelle anzumerken, dass von allen Beteiligten Facebook selbst in der besten Lage wäre, die Nutzer des Facebook Marketplace über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären. So ist es doch der Plattformbetreiber selbst, der seine Nutzer aktiv zur Verwendung des Facebook Marketplace anregt, aber sie dennoch nicht oder nur unzureichend über die rechtlichen Konsequenzen ihres Handelns belehrt. Die Informationen, die von Facebook dann doch angeboten werden, sind meist weit verstreut und verglichen mit anderen Funktionen auf der Seite, sehr schwer auszumachen.
Datenschutzrechtliche Aspekte des Facebook Marketplace
Allgemeines
Wie oben bereits angesprochen, bietet der Marketplace seinen Nutzern die Möglichkeit, die Plattform und deren enorme Reichweite für den Verkauf von Gegenständen zu nutzen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht wirft seine genaue Ausgestaltung jedoch einige Fragen auf. Besonders wichtig erscheint es an dieser Stelle, etwas genauer auf die beteiligten Akteure und deren Rolle als Verantwortliche im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (EU) 2016/679 (“DSGVO“) einzugehen (siehe Punkt 4.2), sowie die Verpflichtungen, welche sich aus der Verarbeitung personenbezogener Daten ergeben, überblicksmäßig darzustellen (siehe unten).
Des Weiteren werfen die neuesten Entwicklungen bezüglich des durch ein Urteil des EuGH annullierten EU-US Privacy Shields, welcher ein angemessenes Schutzniveau für personenbezogene Daten bei der Übermittlung in die USA sicherstellen sollte, einige Fragen über die Rechtmäßigkeit von Datenübermittlungen an Unternehmen mit Sitz in den USA auf (siehe Punkt 4.4).
Schlussendlich ist noch kurz auf die neue Plattform-to-Business Verordnung (“P2B-VO“) einzugehen, welche mehr Fairness und einen effizienteren Wettbewerb im Umgang mit Onlineplattformen anstrebt (siehe unten).
Die beteiligten Akteure
Verantwortliche im Sinne der Datenschutzgrundverordnung
Ein Blick auf Art 4 Z 7 und Art 26 Abs 1 DSGVO beantwortet uns die Frage, wer als Verantwortlicher im Sinne der DSGVO anzusehen ist und wann eine gemeinsame Verantwortung von mehreren Beteiligten vorliegt:
- “Verantwortlicher ist die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.“[vi]
- “Legen zwei oder mehr Verantwortliche gemeinsam die Zwecke der und die Mittel zur Verarbeitung fest, so sind sie gemeinsam Verantwortliche.“[vii]
Facebook:
Es ist kein Geheimnis, dass ein wesentlicher Teil des Geschäftsmodells von Facebook in der Verarbeitung von personenbezogenen Daten seiner Nutzer besteht. Die Art der erfassten Informationen hängt damit zusammen, wie der jeweilige Nutzer die von Facebook angebotenen Dienstleistungen verwendet. Unter anderem werden die Daten über das Erstellen oder Teilen von Inhalten, wie auch durch das Teilen des Standortes erhoben. Da der Facebook Marketplace nahtlos in die eigene Infrastruktur integriert ist, hat der Internetriese faktisch an allen Ecken und Enden seine Finger im Spiel und kann diverse Daten abzapfen. Dass konkret gerne mit Informationen im Detail gespart wird, ist allgemein bekannt. Jedenfalls sind die Strukturen des Facebook Marketplace und vielfach auch die Daten, die verarbeitet und unter anderem für die Schaltung interessenbezogener Werbung verwendet werden, zu gewichtigen Teilen von Facebook selbst determiniert.
Somit kann Facebook grundsätzlich als Verantwortlicher im Sinne der DSGVO angesehen werden und unterliegt den daraus folgenden datenschutzrechtlichen Verpflichtungen.
Verkäufer
Ein Blick auf die Angebote des Facebook Marketplace zeigt, dass es sich bei der großen Mehrheit der Verkäufer um Privatpersonen ohne rechtliche Expertise handelt. Aus diesem Grund ist eine möglichst genaue datenschutzrechtliche Einstufung der Verkäufer geboten. Der weite sachliche Anwendungsbereich der DSGVO erfasst grundsätzlich jeden Verarbeitungsvorgang personenbezogener Daten, so etwa auch die Einholung der Telefonnummer, des Namens oder der Adresse der Kunden durch die Verkäufer. Somit fällt die grundsätzliche Qualifizierung der Verkäufer als Verantwortliche nicht besonders schwer.
An dieser Stelle ist auch noch die in diesem Kontext viel zitierte Ausnahmeregelung des Art 2 Abs 2 lit c DSGVO (“Haushaltsausnahme“) zu erwähnen. Zwar findet die DSGVO durch diese Ausnahmeregelung auf die Datenverarbeitung durch natürliche Personen zur Ausübung persönlicher oder familiärer Tätigkeiten keine Anwendung, die genaue Reichweite dieser Regelung wird jedoch oft falsch eingeschätzt.
Art 2 Abs 2 lit c DSGVO ist äußerst restriktiv zu verstehen. Diese Ansicht stützt sich erstens auf den Gesetzeswortlaut selbst, welcher ein Ausschließlichkeitserfordernis beschreibt, zweitens ist auch der EuGH bereits bei der Betrachtung der Vorgängerregelung von einer eher restriktiven Auslegung ausgegangen.[viii] Drittens bleibt Personen in Bezug auf die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zu persönlichen oder familiären Tätigkeiten ebenfalls der grundrechtliche Schutzbereich (z.B. § 1 Datenschutzgesetz) eröffnet, weswegen auch hier von einer restriktiven Auslegung der Haushaltsausnahme ausgegangen werden kann.[ix]
Schlüsselkriterium für die Wirksamkeit der Haushaltsausnahme ist die Zurechenbarkeit zum privaten Lebensbereich.[x] Ein entscheidender Punkt ist hierbei der angesprochene Adressatenkreis. Wird z.B. einer deutlich überschaubaren Anzahl an Freunden der Zugriff auf Bilder und Videos auf einer Facebook-Seite ermöglicht, handelt es sich um einen Anwendungsfall der Haushaltsausnahme. Dieser Fall ist bei dem Facebook Marketplace etwas anders gelagert. Hier scheint gerade die Möglichkeit, einen unbestimmten Adressatenkreis anzusprechen, für viele Verkäufer eine attraktive Gelegenheit zu sein, ihre Produkte zu veräußern.
Im Einklang mit dieser Argumentation kam es in Sachsen-Anhalt bereits für eine Privatperson wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO zu einer Geldbuße. Ausschlaggebendes Kriterium für diese Strafe war der unbestimmte E-Mail-Empfängerkreis, an welche die Privatperson mehrmals Anzeigen und Verunglimpfungen sendete (im Hinblick auf die österreichische Rechtsordnung wäre hier natürlich die Spezialregelung des § 107 Abs 2 des Telekommunikationsgesetzes 2003 ins Treffen zu führen).[xi] Ähnlich ist der Fall beim Facebook Marketplace gelagert, auch hier werden die Inserate der Verkäufer einem allgemeinen Publikum angezeigt. Daher kann angenommen werden, dass die Aktivität der Verkäufer über eine persönliche oder familiäre Tätigkeit hinausgeht und somit nicht unter die Haushaltsausnahme fällt.
Gemeinsame Verantwortlichkeit
Wie bereits oben erwähnt kann nicht nur ein Verantwortlicher allein die Mittel und Zwecke der Verarbeitung von personenbezogenen Daten festlegen. Sollten an der Entscheidungsfindung mehrere Personen beteiligt sein, so gelten sie als gemeinsam für die Verarbeitung Verantwortliche im Sinne des Art 26 Abs 1 DSGVO. Entscheidendes Kriterium für die gemeinsame Verantwortlichkeit ist die Einflussnahme auf Mittel und Zwecke der Verarbeitung.

Konkret auf den Facebook Marketplace bezogen, stellt sich die Frage, ob zwischen Facebook und dem einzelnen Verkäufer ein Fall der gemeinsamen Verantwortlichkeit im Sinne des Art 26 DSGVO vorliegt, und wie die daraus resultierenden Verpflichtungen zu erfüllen sind.
Konkret auf den Facebook Marketplace bezogen, stellt sich die Frage, ob zwischen Facebook und dem einzelnen Verkäufer ein Fall der gemeinsamen Verantwortlichkeit im Sinne des Art 26 DSGVO vorliegt, und wie die daraus resultierenden Verpflichtungen zu erfüllen sind.
Die Kriterien für eine gemeinsame Verantwortlichkeit wurden vom Europäischen Datenschutzbeauftragten (“EDSB“) in einer unverbindlichen Leitlinie genauer ausgeführt[xii]. Der EDSB ist der Ansicht, dass ein “allgemeines” Maß an Komplementarität und Einheitlichkeit des Zwecks bereits zu einer Situation mit gemeinsam Verantwortlichen führen könnte, wenn die Zwecke und (wesentlichen Elemente der) Mittel des Verarbeitungsvorgangs gemeinsam festgelegt werden und stützt seine Ansicht auf ein Urteil des EuGH “Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein[xiii]. In diesem wurde vom EuGH das Vorliegen einer gemeinsamen Verantwortlichkeit zwischen Facebook und den Betreibern von Facebook Fanpages bejaht. Auch hier ist das entscheidende Kriterium für die gemeinsame Verantwortung das kollektive Festlegen des Zwecks und der Mittel der Datenverarbeitung. Selbst der Umstand, dass eine Partei nur Zugang zu anonymisierten oder unbestimmten personenbezogenen Daten hat, wirkt sich nicht auf das Vorliegen der gemeinsamen Verantwortung aus.
Bezogen auf den Facebook Marketplace kann man so auch hier im Verhältnis zwischen Facebook und den Verkäufern für das Vorliegen einer gemeinsamen Verantwortung argumentieren.
Die Parallele zu dem Urteil im Fall “Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein” scheint sich auch anzubieten. Zum einen weil sich der Fall klar auf Facebook wegen der schon damaligen Nichterfüllung von datenschutzrechtlichen Verpflichtungen bezog, zum anderen, weil kurz nach Veröffentlichung des Beschlusses von Facebook die für die Betreiber der Fanpages geltenden “Richtlinien für Seiten, Gruppen und Veranstaltungen” um eine “Seiten-Insights-Ergänzung bezüglich des Verantwortlichen” ergänzt wurden, um den Voraussetzungen, welche sich aus der gemeinsamen Verantwortlichkeit ergeben, nachzukommen. Ähnliche Schritte wären auch in Bezug auf den Facebook Marketplace anzudenken, um zukünftige Urteile ähnlicher Art zu vermeiden und auch den Verkäufern den datenschutzrechtlich konformen Umgang mit dem Marketplace zu erleichtern.
Natürlich könnte man auch anders ansetzen und den Verkäufer in eine Rolle als eigenständigen Verantwortlichen drücken, wenn man dessen Verkäufe – soweit für die Abwicklung der Facebook Marketplace genutzt wird – als einen abgekapselten und in sich geschlossenen Verarbeitungsvorgang ansieht. Facebook wäre dann für die Bereitstellung der Infrastruktur und die dadurch ausgelösten Datenverarbeitungsvorgänge verantwortlich, während der Verkäufer durch seine Benutzungshandlungen in eine völlig eigene Beziehung mit den betroffenen Personen tritt. Eine solche Argumentationslinie wäre einfacher zu verfolgen, wenn sich die jeweils vom Verkäufer zu Zwecken des Abschlusses der Kaufverträge verarbeiteten personenbezogenen Daten dem Zugriff von Facebook entziehen (wobei dies – wie erwähnt – das Vorliegen einer gemeinsamen Verantwortlichkeit nicht ausschließen muss). Facebook im Verhältnis zum Verkäufer als Auftragsverarbeiterin im Sinne von Art 28 DSGVO einzustufen, würde vermutlich wiederum daran scheitern, dass Facebook über eine Weisungsbindung hinausgehend eigene Interessen hinsichtlich aller Daten verfolgt, die im Zusammenhang mit dem Facebook Marketplace verarbeitet werden. Die Vergangenheit hat bereits gezeigt, dass Facebook bezüglich der Vorstellungen über die eigene Rolle nicht immer Hand in Hand mit der Systematik der DSGVO geht.
Die Verpflichtungen, welche sich aus der datenschutzrechtlichen Verantwortung ergeben
Wie wichtig die Einstufung als Verantwortlicher aus datenschutzrechtlicher Sicht sein kann, zeigt sich durch das Arsenal an Vorschriften, welche die DSGVO an die Verarbeitung von personenbezogenen Daten knüpft. Unter anderem müssen die Verantwortlichen den Informationspflichten der Art 12-14 DSGVO nachkommen, und sich um die Wahrung der Betroffenenrechte der Art 15-21 DSGVO kümmern. Beim Vorliegen einer gemeinsamen Verantwortung ist außerdem auch zwischen den Verantwortlichen eine Vereinbarung über die transparente Verteilung der datenschutzrechtlichen Verpflichtungen abzuschließen.
Hier wäre die Initiative von Facebook wünschenswert, da der Milliardenkonzern über die nötigen Ressourcen und Möglichkeiten verfügt, um den Verkäufern den rechtskonformen Umgang mit dem von Facebook bereitgestellten Tool zu ermöglichen oder zumindest zu erleichtern. Im Falle einer gemeinsamen Verantwortlichkeit könnte Facebook so z.B. durch eine Vereinbarung gemäß Art 26 DSGVO in transparenter Form die Verpflichtungen, welche sich aus der DSGVO ergeben, in seiner Sphäre konzentrieren und so die Rechtskonformität der Datenverarbeitung weitgehend gewährleisten.
EU-US Privacy Shield
Allgemeines
Der EU-US Privacy Shield ist ein Angemessenheitsbeschluss der EU-Kommission gemäß Art 45 DSGVO.[xiv] Mit diesem wurde 2016 beschlossen, dass unter bestimmten Umständen das Datenschutzniveau in den USA dem von der DSGVO geforderten Schutzniveau für die Übermittlung von personenbezogenen Daten in Drittländer entspricht. Jedoch war es US-Geheimdiensten rechtlich gestattet, unter bestimmten Voraussetzungen auf die personenbezogenen Daten europäischer Nutzer zugreifen zu können. Aufgrund dieser staatlichen Überwachungsmaßnahmen war der EuGH der Ansicht, dass ein angemessenes Datenschutzniveau durch den EU-US Privacy Shield nicht sichergestellt werden kann. Ausgangspunkt dieses Urteils war der Rechtsstreit zwischen dem österreichischen Datenschutzaktivisten Max Schrems und einem Tochterunternehmen von Facebook über die Übermittlung seiner personenbezogenen Daten durch Facebook Ireland Limited an die Muttergesellschaft (das Verhältnis zwischen Mutter und Tochtergesellschaft ist datenschutzrechtlich wie das Verhältnis zu einem Dritten einzustufen) in die USA.
Rechtliche Folgen
Die Folgen dieses Urteilsspruches kommen einem rechtlichen Erdbeben gleich. Obwohl das Urteil zunächst nur für die Parteien selbst Bindungswirkung entfaltet, so sind faktisch gesehen, aufgrund der Präzedenzwirkung von Entscheidungen des EuGH, bereits jetzt die Gerichte und Behörden aller Mitgliedstaaten an die Entscheidung gebunden. Quasi über Nacht wurde somit die von vielen Unternehmern genutzte Methode für die rechtskonforme Datenübermittlung in die USA für ungültig erklärt.
Wie geht es jetzt weiter?
Da der EU-US Privacy Shield keine gültige Rechtsgrundlage mehr darstellt, kommt nun die Frage nach Alternativen auf. Weiterhin denkbar ist die Übermittlung von personenbezogenen Daten durch die Verwendung von Standardvertragsklauseln bzw. die Übermittlung der Daten nach Art 49 DSGVO.
- Facebook benutzte bereits vor dem Urteilsspruch Standardvertragsklauseln für die Datenübermittlung in die USA. Die Gültigkeit dieser wurde zwar vom EuGH generell bejaht, jedoch wird das Problem dadurch nicht wirklich behoben. Um nämlich tatsächlich ein Datenschutzniveau zu erreichen, welches dem Standard der Europäischen Union entspricht, wären zusätzliche Garantien erforderlich, die den Zugriff der US-Geheimdienste auf die personenbezogenen Daten effektiv unterbinden würden. Praktisch ist es aber beinahe unmöglich, solche Garantien zu erreichen.
- Des Weiteren ist an eine Übermittlung nach Art 49 DSGVO zu denken. Dennoch erscheint auch dieser Lösungsansatz bei einer näheren Betrachtung als unzureichend. Art 49 DSGVO stellt eine reine Ausnahmeregelung dar, welche nicht für eine regelmäßige Datenübertragung geeignet ist.[xv] Auf eine Datenübermittlung, welche sich im Rahmen einer dauerhaften Beziehung zwischen Übermittler und Empfänger abspielt, scheint Art 49 DSGVO nur in sehr begrenztem Maße anwendbar zu sein.
Die Problematik des Urteils?
Durch das Urteil des EuGH wird erneut deutlich, mit welchen Schwierigkeiten Rechtsordnungen weltweit im Umgang mit modernen Informationstechnologien konfrontiert sind. Auf der einen Seite ist der fast unbeschränkte Zugang zu personenbezogenen Daten von großen Konzernen wie Facebook zu unterbinden, auf der anderen Seite ist auch auf die Realitätsnähe von Normen und Urteilen zu achten. Und Realität ist jedenfalls, dass für viele Unternehmen die Übertragung von personenbezogenen Daten in die USA mittlerweile einen essentiellen Bestandteil ihres Geschäftsmodells darstellt. Dass dies derzeit nicht mehr rechtskonform abgewickelt werden kann bereitet daher große Probleme und lässt rechtliche und wirtschaftliche Überlegungen noch stärker in einen Kampf treten, aus dem wahrlich kein Sieger hervorgehen kann. Somit wird der Trend, sich aus datenschutzrechtlicher Perspektive lediglich “möglichst” rechtskonform zu verhalten, durch die Annullierung des EU-US Privacy Shields fortgesetzt und intensiviert.
Die Plattform-to-Business Verordnung
Allgemeines & Neuerungen
Seit dem 12. Juli 2020 ist die Verordnung der Europäischen Union 2019/1150 in allen Mitgliedstaaten direkt anwendbar. Die P2B-VO zielt auf den Schutz von jenen Unternehmern ab, welche auf die Dienste von Online-Plattformen angewiesen sind, um ihre Kunden zu erreichen.
Die Europäische Union wagt damit einen weiteren Schritt in dieses bisher relativ ungezähmte Terrain und kommt damit der Verwirklichung eines digitalen Binnenmarktes immer näher.[xvi]
Selbstverständlich geht die neue P2B-VO nicht spurlos an Facebook vorbei. Facebook ist als Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten, wie etwa dem Facebook Marketplace, einer der Hauptadressaten der meisten Bestimmungen der P2B-VO und wird daher entsprechend auf die Umstellung reagieren müssen.
Da viele Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten vorformulierte allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden und diese gewerblichen Nutzern einseitig aufzwingen, enthält die P2B-VO zahlreiche Vorgaben, wie allgemeine Geschäftsbedingungen der Online-Vermittlungsdienste auszugestalten sind. AGB-Klauseln, die den Vorgaben der P2B-VO nicht entsprechen, sind nichtig.
Nicht nur verpflichtet die P2B-VO Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten ihre AGB klar und verständlich zu formulieren, sondern diese den gewerblichen Nutzern zu jedem Zeitpunkt der Geschäftsbeziehung auch leicht zur Verfügung stellen. Weiters sollen für gewerbliche Nutzer die gewerblichen Bedingungen für die Nutzung, Beendigung oder Aussetzung von Online-Vermittlungsdiensten sowie für zusätzliche Vertriebskanäle und etwaige Partnerprogramme ersichtlich sein.
Die P2B-VO verpflichtet Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten in den AGB die Hauptparameter, welche ein Ranking bestimmen, sowie die Gründe für die relative Gewichtung dieser Hauptparameter darzustellen. Dies soll dazu dienen, die Vorhersehbarkeit für gewerbliche Nutzer zu erhöhen und diesen unter anderem die Möglichkeit zu geben, die Präsentation ihrer Waren und Dienstleistungen zu verbessern. Anbieter von Online-Suchmaschinen werden dazu verpflichtet, die Hauptparameter und deren relative Gewichtung in klar und verständlich formulierten Erläuterungen, die öffentlich und leicht verfügbar sind, bereitzustellen. Gibt es für gewerbliche Nutzer die Möglichkeit, die Hauptparameter durch Leistung eines direkten oder indirekten Entgelts zu beeinflussen, ist in den AGB auf diese Möglichkeit und die Auswirkungen hinzuweisen. Dies kann in Form einer (direkten) Zahlung mit dem ausschließlichen Ziel der Verbesserung des Rankings erfolgen oder (indirekt) in Form des Akzeptierens beliebiger Zusatzverpflichtungen durch den gewerblichen Nutzer, wie etwa die Nutzung von Zusatzdiensten oder Premiumfunktionen.
Weiters verpflichtet die P2B-VO Anbieter unter anderem dazu, (i) keine rückwirkenden Änderungen in den AGB aufzuerlegen sowie (ii) die notwendigen Informationen über die Bedingungen bereitzustellen, unter denen die gewerblichen Nutzer die Vertragsbeziehung mit dem Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten beenden können.
Warum bestand der Bedarf einer Neuregelung?
Der heutige Markt ist dominiert von Online-Plattformen wie Amazon oder eben dem Facebook Marketplace. Dieses Machtungleichgewicht führte zu einer faktischen Abhängigkeit von Unternehmern, welche für die Verfolgung ihres Geschäftsmodells von den Betreibern der Online-Plattformen und Internetriesen wie Facebook angewiesen sind.
Dieses Missverhältnis zulasten der Unternehmer äußerte sich vor allem in einem Mangel an Transparenz (z.B. bei der plötzlichen Änderung der AGB) und in einem Mangel an Rechtsmitteln (z.B. ineffektive oder praktisch nicht existente Beschwerdeverfahren).
Die P2B-VO und der Facebook Marketplace
Wie oben erwähnt, ist Facebook durch das Betreiben des Marketplace einer der Hauptadressaten der P2B-VO. Der Anwendungsbereich der P2B-VO erstreckt sich auf Betreiber von Online-Plattformen, deren Dienstleistungen an in der Europäischen Union ansässige Unternehmer gerichtet sind, welche Waren und Dienstleistungen an Verbraucher anbieten. Somit gilt die P2B-VO nicht für Plattformen, welche nur Verbraucher mit Verbraucher oder Unternehmer mit Unternehmer verbinden.[xvii]
Zwar trifft es zu, dass auf dem Facebook Marketplace hauptsächlich C2C-Geschäfte abgewickelt werden, dennoch wird die Plattform auch aktiv für Unternehmer beworben. Es kann daher argumentiert werden, dass der Facebook Marketplace, obwohl hauptsächlich von Verbrauchern genutzt, dennoch auch für Unternehmer ausgelegt ist und diesen die Möglichkeit bietet, ihre Waren an Verbraucher zu verkaufen.
Von Facebook wurde diesen neuen Gegebenheiten unter anderem bereits mit einer Überarbeitung der AGB Rechnung getragen, durch welche sie den neuen und höheren Transparenzanforderungen der P2B-VO gerecht werden sollen.
Omnibus-Richtlinie
Auch die Omnibus-RL 2019/2161 zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften, mit der die Klausel-RL, die Preisangaben-RL, die Verbraucherrechte-RL sowie die UGP-RL geändert werden, könnte einige Änderungen für den Facebook Marketplace mit sich bringen.
Ein “Online-Marktplatz” wird in der Richtlinie als Dienst definiert, “der es Verbrauchern durch die Verwendung von Software, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, die vom Unternehmer oder im Namen des Unternehmers betrieben wird, ermöglicht, Fernabsatzverträge mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen“. Vor Vertragsabschluss auf einem Online-Marktplatz müssen Verbraucher in Zukunft zusätzlich über folgende Punkte informiert werden:
- allgemeine Informationen betreffend die Hauptparameter zur Festlegung des Rankingsder Angebote sowie die relative Gewichtung dieser Parameter im Vergleich zu anderen Parametern;
- ob es sich bei dem Dritten, der die Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte anbietet, um einen Unternehmer handelt oder um eine Privatperson;
- sofern der Dritte, der die Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte anbietet, kein Unternehmer ist, dass die EU-Verbraucherrechte auf den Vertrag keine Anwendung finden;
- gegebenenfalls wie die sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen zwischen dem Dritten, der die Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte anbietet, und dem Anbieter des Online-Marktplatzes aufgeteilt werden.
Von besonderer Bedeutung für den Facebook Marketplace ist auch die Verpflichtung von Unternehmern bei Personalisierung der Preise für bestimmte Verbraucher(gruppen) auf Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung (Profiling) Verbraucher darauf hinzuweisen, damit diese die möglichen Risiken bei der Kaufentscheidung berücksichtigen können. Auch ist in Zukunft bei Preisermäßigungen der vorherige Preis anzugeben, den der Händler vor der Preisermäßigung angewandt hat. Dabei ist der vorherige Preis der niedrigste Preis, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor der Preisermäßigung angewandt hat. Für schnell verderbliche Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit können die Mitgliedstaaten abweichende Regelungen treffen. Dies ist vor allem bei geplanten Rabatt-Aktionen zu besonders zu beachten.
Werden Suchergebnisse aufgrund der Online-Suchanfrage eines Verbrauchers angezeigt, müssen etwaige bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen, die dazu dienen, ein höheres Ranking der jeweiligen Produkte zu erreichen, eindeutig offengelegt werden. Ansonsten handelt es sich jedenfalls um eine unlautere Geschäftspraktik. Wenn ein Gewerbetreibender den Anbieter einer Online-Suchfunktion unmittelbar oder mittelbar dafür bezahlt hat, dass ein Produkt im Rahmen der Suchergebnisse ein höheres Ranking erhält, muss der Anbieter der Online-Suchfunktion Verbraucher über diese Tatsache informieren. Ebenso handelt es sich jedenfalls um eine unlautere Geschäftspraktik, wenn Verbraucherbewertungen angezeigt werden, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Schritte unternommen wurden, um zu prüfen, ob die Bewertungen wirklich von Verbrauchern stammen.
Die Abgabe gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Verbraucherbewertungen oder Empfehlungen in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung sind jedenfalls als eine unlautere Geschäftspraktik zu qualifizieren. Das gilt auch für die Erteilung des Auftrags, gefälschte Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern abzugeben.
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (“UWG”)
Gerade im Hinblick auf (Werbe-)Angebote von Unternehmen auf dem Facebook Marketplace sowie das vermehrte Tätigen von sog. Affekt- bzw Impulskäufen erachten wir es notwendig, an dieser Stelle auch kurz auf das Verbot irreführender Geschäftspraktiken gemäß § 2 UWG einzugehen, wonach eine Geschäftspraktik als irreführend gilt, wenn sie unrichtige Angaben enthält oder sonst geeignet ist, einen Marktteilnehmer in Bezug auf das Produkt über einen oder mehrere der in § 2 genannten Punkte derart zu täuschen, dass dieser dazu veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Einer dieser Punkte ist die Angabe über den Preis, die Art der Preisberechnung oder das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils.
Zu denken ist etwa an Nettopreiswerbungen ohne Umsatzsteuer gegenüber Verbrauchern[xviii] oder Ankündigungen über die (vermeintliche) Unentgeltlichkeit von üblichen Produktnebenleistungen.[xix] Die Anpreisung von “Statt-Preisen” ist dann problematisch iSd UWG, wenn eine Fehlvorstellung über tatsächliche Vergünstigungen erwirkt wird.[xx] Als irreführend wurde auch die Werbung mit Pauschalpreisen als Statt-Preisen qualifiziert, wenn diese nicht bisher verlangt wurden, sondern beliebig aus der Summe künftiger Preise für Einzelleistungen anderer Unternehmen zusammengestellt werden.[xxi] Von einer irreführenden Geschäftspraktik kann auch dann ausgegangen werden, wenn iZm einer Rabattaktion die Preise kurz zuvor systematisch erhöht wurden und dadurch der tatsächliche Rabatt geringer ist oder aber wenn eine befristete Rabattaktion verlängert wird, da vor allem die Kurzfristigkeit einen besonderen Anreiz für Verbraucher darstellt.[xxii]
Hervorgehoben wird im Zusammenhang mit dem Facebook Marketplace das per-se-Verbot des UWG Anhang Z 7, demzufolge die unrichtige Behauptung, dass das Produkt nur eine sehr begrenzte Zeit oder nur eine sehr begrenzte Zeit zu bestimmten Bedingungen verfügbar sein werde, um so den Verbraucher zu einer sofortigen Entscheidung zu verleiten, so dass er weder Zeit noch Gelegenheit hat, eine informierte Entscheidung zu treffen, als jedenfalls irreführende Geschäftspraktik zu qualifizieren ist. Dieser Tatbestand erfordert die Absicht des Unternehmers, den Marktteilnehmer zu einer sofortigen Entscheidung zu veranlassen. Wird nach jenem Zeitraum, der in der Werbung angegeben wurde, der Preis nicht erhöht, ist aus den objektiven Umständen zunächst auf eine entsprechende Irreführungsabsicht des Unternehmers zu schließen, die dieser zu widerlegen hat.[xxiii]
Fazit und Ausblick
Der Facebook Marketplace ist ein Produkt seiner Zeit, das auch den Handel bis zu einem gewissen Grad bei Facebook konzentrieren soll, damit der eigene Einfluss weiter zunimmt. Die technische Entwicklung ermöglicht einen immer effizienteren Austausch von Informationen und sorgt zeitgleich für große Herausforderungen der Rechtsordnungen, diesen rasanten Entwicklungen Herr zu werden. Es bleibt abzuwarten, ob der bisherige Kurs mit gewohnter Strenge weiterverfolgt wird, oder ob man sich um neue Lösungsansätze bemüht, welche eventuell etwas näher an der Realität und Umsetzbarkeit liegen.

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[i] https://de-de.facebook.com/marketplace/learn-more/ (zuletzt abgerufen am 29.9.2020).
[ii] Poleshova, Täglich aktive Nutzer von Facebook weltweit bis zum 2. Quartal 2020, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/222135/umfrage/taeglich-aktive-facebook-nutzer-weltweit/ (zuletzt abgerufen am 30.9.2020).
[iii] Kolba/Leupold, Das neue Verbraucherrecht (2014) Rz 103.
[iv] Kolba/Leupold, Das neue Verbraucherrecht (2014) Rz 105.
[v] Europäisches Verbraucherzentrum Österreich, Privatverkäufe auf Onlineplattform, https://europakonsument.at/de/news/privatverkaeufe-auf-onlineplattform (zuletzt abgerufen am 1.10.2020; EuGH C‑105/17).
[vi] Art 4 Z 7 DSGVO.
[vii] Art 26 Abs 1 DSGVO.
[viii] Heißl in Knyrim, DatKomm Art 2 DSGVO Rz 64 (Stand 1.12.2018, rdb.at).
[ix] Heißl in Knyrim, DatKomm Art 2 DSGVO Rz 64.
[x] Heißl in Knyrim, DatKomm Art 2 DSGVO Rz 70.
[xi] Nosara Butterbach, Bußgeld bei Verstoß gegen die DSGVO auch für Privatpersonen?, https://www.lhr-law.de/magazin/datenschutzrecht/geldbusse-fuer-privatperson-wegen-verstoss-gegen-datenschutz-grundverordnung/ (zuletzt abgerufen am 6.10.2020).
[xii] https://edps.europa.eu/sites/edp/files/publication/19-11-07_edps_guidelines_on_controller_processor_and_jc_reg_2018_1725_de.pdf (zuletzt abgerufen am 6.10.2020).
[xiii] EuGH C-210/16, Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein, ECLI:EU:C:2018:388.
[xiv] Art 45 DSGVO
[xv] Europäischer Datenschutzausschuss, Leitlinien 2/2018, https://edpb.europa.eu/our-work-tools/our-documents/directrices/guidelines-22018-derogations-article-49-under-regulation_de (zuletzt abgerufen am 6.10.2020).
[xvi] Slevin/Wallace, A Level Platform: The P2B Regulation and its Impact on Online Business, https://www.rdj.ie/insights/a-level-platform–the-p2b-regulation-and-its-impact-on-online-business?s=0.459095676228 (Zuletzt abgerufen am 8.10.2020).
[xvii] Slevin/Wallace, A Level Platform: The P2B Regulation and its Impact on Online Business, https://www.rdj.ie/insights/a-level-platform–the-p2b-regulation-and-its-impact-on-online-business?s=0.459095676228 (Zuletzt abgerufen am 8.10.2020).
[xviii] Müller in Müller, UWG kompakt2 (2019) 41.
[xix] Appl in Wiebe (Hrsg), Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht (2018)4, 379.
[xx] Appl in Wiebe (Hrsg), Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht (2018)4, 379.
[xxi] Appl in Wiebe (Hrsg), Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht (2018)4, 379; OGH 4 Ob 202/13d – “Statt”-Preiswerbung, ecolex 2014, 624 (Woller).
[xxii] Appl in Wiebe (Hrsg), Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht (2018)4, 380
[xxiii] Müller in Müller, UWG kompakt2 (2019) 49.