Wer bei Google die Frage eingibt „Wie viele Onlineshops gibt es in Österreich“ bekommt seit einiger Zeit über den bekannten Links eine kurze KI-basierte Zusammenfassung – oft so ausführlich, dass ein Klick auf die untenstehenden Links nicht mehr zu lohnen scheint. Wie hat sich damit das Sucherverhalten geändert und was bedeutet das für den Onlineauftritt von Unternehmen? Das erklärt Mare Hojc in seinem Gastbeitrag für retail.at.
Egal, was online gesucht wird – die meisten öffnen fast reflexartig Google. Doch seit dem KI-Hype rund um ChatGPT & Co. hat sich ein neues Rechercheverhalten etabliert, denn immer mehr Menschen stellen ihre Fragen direkt an künstliche Intelligenzen. Ersetzt die KI-Suche also schon die klassische Google Suche? Oder sprechen wir hier eher von einem Nebeneinander als von einem Verdrängen? Ein Blick auf aktuelle Zahlen und Studien zeigt eine spannende Entwicklung.
Die aktuelle „State of Search“-Studie von Claneo von 2025 liefert einen guten Einblick. Dafür wurden Internetnutzer aus Deutschland und den USA befragt, wie sie aktuell Informationen im Internet suchen. Mit 67 Prozent bleibt Google vorerst die Anlaufstelle unter den Search-Tools. Spannender wird es bei den Alternativen: Ein Drittel der Befragten hat bereits KI-gestützte Tools wie ChatGPT genutzt, um Informationen zu finden. Ebenfalls ergab die Studie, dass Nutzer den Ergebnissen der KI im Vergleich zu 2024 viel mehr Glaubwürdigkeit beimessen. Bei ChatGPT wurde ein Anstieg von 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet, sodass 79 Prozent der Befragten im Jahr 2025 die Frage „Wie sehr vertraust du folgenden Plattformen?” mit „sehr” beantworteten.
In diese Richtung zeigt auch eine weitere Entwicklung: Apple denkt wegen veränderter Nutzungsdaten über eine Trennung von Google als Standardsuchmaschine auf iPhones nach. Denn Apple misst anonymisierte Interaktionsdaten auf seinen Geräten und dort wurde in den letzten Monaten Folgendes deutlich: Die Verwendung von Google in Safari verringert sich messbar, da immer mehr Menschen ihre Fragen nicht mehr ins Google-Suchfeld eingeben, sondern sich direkt an KI-Tools wie ChatGPT, Gemini oder Perplexity wenden. Nun könnte man sich als Unternehmer natürlich fragen: Muss mich das kümmern?
Warum nutzen Menschen KI-gestützte Suchanfragen?
Warum wenden sich immer mehr Menschen an ChatGPT, Gemini oder Claude, statt ausschließlich die klassische Google Suche zu nutzen? Ein Grund dafür ist die Art und Weise, wie diese Tools funktionieren. Anstelle kurzer Schlagwortanfragen ermöglichen sie einen echten Dialog. Nutzer können Fragen in vollständigen Sätzen stellen. Sie können nachhaken, wenn etwas unklar bleibt, und so mit der KI in einen Austausch treten. Diese Gesprächsform führt dazu, dass die Antworten oft ausführlicher ausfallen und individueller wirken. Wer eine KI befragt, erhält in der Regel keine bloße Liste mit Links, sondern eine direkt formulierte Antwort.
Gerade bei komplexen Themen oder Aufgaben, die Kreativität erfordern, ist das von Vorteil. Tippt man beispielsweise „Bewerbung schreiben” in die Google Suche ein, werden eine Vielzahl an Webseiten mit Ratschlägen angezeigt. Eine KI hingegen erstellt auf Wunsch gleich einen individuellen Bewerbungstext, der an das Berufsfeld und die Erfahrung angepasst ist. Auch bei Problemlösungen oder der Ideenfindung setzen immer mehr Menschen auf die Unterstützung durch KI.
Gleichzeitig schätzen viele Nutzer den Kontextbezug, den KI bieten kann. Während klassische Suchmaschinen für jede Suchanfrage bei Null starten, merken sich KI-Modelle innerhalb eines Gesprächsverlaufs vorherige Informationen. Dadurch wirken die Antworten oft persönlicher und passender.

Fotocredit: Julius Osner
Auf den Spuren der KI
Doch wie kommt die KI zu ihren Ergebnissen? Eine Auswertung von über 150.000 Antworten (Stand: Juni 2025) von Semrush, einer kostenpflichtige Online-Marketing-Software mit über 50 integrierten Tools zur Analyse und Optimierung von Websites, macht deutlich, auf welche Quellen große Sprachmodelle wie ChatGPT, Perplexity & Co. am häufigsten zurückgreifen: Reddit, eine Social-News-Website und Internetforum, auf dem Nutzer Inhalte wie Links, Videos, Bilder und Textbeiträge teilen, diskutieren und bewerten können, ist mit 40,1 Prozent die mit Abstand meistzitierte Quelle, Wikipedia folgt abgeschlagen mit 26,3 Prozent.
Die KI zerlegt dabei die an sie gestellte Frage (den so genannten Prompt) in weitere 20 bis 50 Unterprompts, um das weitere Interessensgebiet des Fragenden abzudecken und führt die Antworten, die sie gefunden hat, wieder in eine längere Antwort zusammen – daher erhält man meist sehr ausführliche Antworten auf seine Frage. Doch das birgt auch Risiken – denn Inhalte aus der Community sind nicht immer korrekt, ausgewogen oder vertrauenswürdig.
Ein Beispiel: Wer „Schäden durch CloudTelefonie-Ausfälle verhindern“ bei Google eingibt, bekommt eine vollständige Erklärung sowie technische und organisatorische Maßnahmen, verfasst von KI. Häufig ergänzt Google diese Antwort durch Quellenangaben, ohne dass der Nutzer die verlinkten Seiten tatsächlich besuchen muss. Für Unternehmen bedeutet das, dass neue Fragen in den Fokus rücken: Wie wird Content von KI verstanden?
Damit KI den Content einer Seite verstehen kann, muss dieser der KI überhaupt zugänglich sein. Hier sollte ein Unternehmen sich unter anderem Fragen stellen wie: Werden KI-Bots auf meiner Seite blockiert, etwa durch robots.txt-Dateien, also einer Textdatei im Hauptverzeichnis einer Website, die Suchmaschinen-Crawlern Anweisungen gibt, welche Inhalte sie crawlen und indexieren dürfen und welche nicht. Auch eine Firewall-Einstellung oder ein Hoster kann den Zugriff von KI auf eine Webseite blockieren. Für jedes Unternehmen, das heute hofft, in der Google-Suche zu erscheinen, ist dieses veränderte Suchverhalten aber auch die Funktionsweise von KI relevant. Unternehmen sollten daher die Inhalte ihrer Seiten entsprechend anpassen.
Handlungsempfehlungen
Wie erwähnt machen User-generated Content (UGC) wie Forenbeiträge, Bewertungen oder Wikis dabei den Großteil der KI-Zitate aus, KI bevorzugt also Inhalte aus UGC-Plattformen. Wer im neuen Such-Ökosystem sichtbar bleiben möchte, sollte also entsprechend handeln. Empfehlungen und Erfahrungswerte hierfür gibt es bereits durchaus:
- Fragen beantworten, nicht nur Keywords bedienen: „Wie funktioniert…?“, „Was ist der Unterschied…?“ sind hilfreich und sollten mit präzisen, faktenbasierten Antworten unterstützt werden.
- Inhalte für Menschen und Maschinen strukturieren: Klare Überschriften (H1-H3) und semantische Zusammenhänge in FAQ-Blöcken strukturieren die Inhalte KI-verständlich. Lassen sich Q&As nicht einbinden, ist auch die Struktur „Eine Idee pr Absatz“ hilfreich.
- Monitoring & Testing: Immer wieder die Sichtbarkeit in AI Overviews kontrollieren und unterschiedliche Content-Formate (z. B. How-to-Guides vs. Deep-Dives) testen.
- Plattformen mit user-generated Content (UGC) sind der Sweet Spot für KI-Sichtbarkeit.
- In Kombination mit einer neuen Studie von Profound (30 Mio. Empfehlungen in ChatGPT, Perplexity und Google AI Overviews analysiert) ergibt sich ein klarer Fahrplan: Wer auf den richtigen Seiten sichtbar ist, wird von KIs automatisch weiterempfohlen.
Wer sich nun tiefer in den KI-Kosmos bewegen will, kann dabei auch bereits einige Tools nutzen um Inhalte so zu gestalten, dass sie sowohl für Menschen als auch für KI verständlich und relevant sind: Clearscope oder SurferSEO analysieren, welche Begriffe und Themen zu einem Keyword dazugehören – basierend auf semantischer Nähe und AlsoAsked.com zeigt, welche Fragen Nutzer rund um ein Thema stellen. Schema.org Markup sorgt dafür, dass Inhalte strukturiert an Google & Co. übermittelt werden.
Warum Optimierung für ChatGPT?
Nun könnte man natürlich fragen, warum vor allem auf ChatGPT setzen und nicht auf andere Chatbots? Die Antwort ist recht klar: Einfach auf Grund der Marktanteile. ChatGPT liefert präzise Antworten, schnellere Rechercheergebnisse und damit deutlich mehr Nutzerbindung als andere Bots. Das kann sich natürlich auf Dauer ändern, aber derzeit scheint ChatGPT der Bot der Wahl. Im KI-Zeitalter sind es also nicht mehr die besten Verkäufer, die gewinnen – sondern die Anbieter, die in KI-gestützten Suchsystemen wie ChatGPT oder Gemini sichtbar, vertrauenswürdig und relevant sind.
Mare Hojc, CEO AN Digital
Mare Hojc ist ehemaliger Profihandballspieler. 2018 gründete er die Agentur AN Digital, die sich auf KI-Sichtbarkeit von Unternehmen spezialisiert hat – also etwa Sauf ChatGPT, Perplexity & Google – SEO 3.0 für mittlere & große Unternehmen.
