Erforscht: Vertrauen für Conversion-Optimierung

Die Conversion Rate gehört zu den wesentlichen Kennzahlen der digitalen Vermarktung. Das starke Wachstum der Verkäufe über Online-Shops, welche in den letzten Jahren auch durch die Corona-Pandemie befeuert wurde, bzw. das aktuelle Abflauen führten zu einem verstärkten Blick auf die Optimierung der oft in Relation zum Umsatz geringen Rate. Zu den Erklärungen für die niedrige Relation zählt das fehlende Vertrauen der mögliche Käufer*innen beim Einkaufen. Luisa Baumgartner hat in ihrer Masterarbeit an der Fachhochschule St. Pölten die Wirkung von Maßnahmen zum Aufbau von Vertrauen untersucht.

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Die aktuelle eCommerce Studie aus den ersten Monaten des Jahres 2023 des Handelsverbands in Kooperation mit der KMU Forschung Austria weist 6,1 Millionen Österreicherinnen und Österreicher als Shopper im Distanzhandel aus, wobei es den höchsten Online-Anteil beim Handel mit Spielwaren vor Sportartikel und Büchern/Zeitschriften gibt. Auffällig ist, dass die Steigerung von 5% bei den Käufer*innen von einem nach starken Vorjahren erfassten Rückgang um 3% beim Umsatz begleitet wird. Die Entwicklung der Internet-Shopper ist in Deutschland vergleichbar, im Nachbarland wird für das Jahr 2025 ein Höchstwert von 82% Online-Shopper nach knapp 70% vor der Pandemie ausgewiesen.

Vertrauen als Grundlage für Conversion

Zu den großen Vorteilen von E-Commerce zählen die Einkaufsmöglichkeiten außerhalb der Öffnungszeiten des stationären Handels, die bequeme Lieferung der bestellten Produkte nach Hause und das oft größere Angebote im Online-Shop. Trotzdem bleiben noch Potenziale in der digitalen Vermarktung ungenützt, dazu gehört insbesondere die Conversion-Rate als Verhältnis zwischen Personen mit Bestellung im Vergleich mit jenen mit Interesse. Internationale Statistiken weisen in der EU einen Wert von 2-5% aus, wobei diese Rate nach Branche, Land und Gerät stark unterschiedlich sein kann.

Das fehlende Vertrauen der möglichen Käufer*innen in den Online-Shop gehört zu den wichtigsten Gründen für die ausbaufähige Conversion-Rate. Das mangelnde Vertrauen hängt oft mit der räumlichen Trennung zur Ware zusammen, das Produkt kann im Gegensatz zum stationären Handel nicht sofort ausprobiert werden. Zusätzlich haben der mögliche Missbrauch von persönlichen Daten und Komplikationen beim Zahlungsverkehr eine Rolle.

Ansätze zum Verbessern der Conversion-Rate

Es gibt unterschiedliche Rahmenmodelle für die Optimierung der Conversion-Rate, zu den bewährten Ansätzen zählen das LIFT Model von WiderFunnel und das 7-Ebenen-Modell von konversionsKRAFT. Beide Modelle betrachten ausgewählte Faktoren mit Einfluss auf die Conversion, dabei beziehen sich der Faktor „Anxiety“ (mit Blick auf mögliche Bedenken wegen Glaubwürdigkeit) und „Vertrauen“ (mit Blick auf Autorität und Social Proof als Zeichen der Bewährtheit) auf die angeführte Schwäche beim digitalen Einkaufen.

Für das bessere Verständnis von Kaufentscheidungen bewährt sich die Verbindung mit der psychologischen Forschung. Die Erkenntnisse vom kürzlich verstorbenen Nobelpreisträger Daniel Kahneman rund um die zwei Entscheidungssysteme (System 1 Intuition und System 2 Ratio) können auf Verhaltensmuster („Behavior Patterns“) umgelegt werden. In der Masterarbeit wurden unterschiedliche Ansätze zum Stärken des Vertrauens im E-Commerce betrachtet, von “Ambiguity Aversion“ (das Vermeiden von Mehrdeutigkeiten) über „Authority“ (das Vertrauen von Autoritäten) bis zu „Social Proof“ (das Orientieren an der Nutzung mehrerer Personen). Ausgewählte Patterns wurden in der darauf aufbauend empirischen Forschung untersucht.

Ergebnisse der quantitativen empirischen Forschung

Zum Beantworten der Forschungsfragen, welche sich auf die Relevanz des Vertrauens beim Kauf, die vertrauenswürdigen Elemente für die Kaufentscheidung in einem Online-Shop und die bevorzugten Behavior Patterns bezogen, wurde ein quantitatives Studiendesign entwickelt. Für die Verbindung zur Praxis gab es eine Zusammenarbeit mit Gabor Schuhe, mit einem besonderem Blick auf Frauen und Männer ab 50 Jahren als eine der bedeutendsten Zielgruppen. Es wurden in Summe knapp 300 Personen beim Einkaufen befragt, davon waren 250 im Alter der angestrebten Käufer*innen.

Die Ergebnisse zur Frage nach wichtigen Kriterien für den Einkauf in einem Online-Shop ergaben, dass das Vertrauen in das verkaufende Unternehmen an der zweite Stelle nach Storno- und Rücksendemöglichkeiten lag. Bei der vertiefenden Betrachtung der Wichtigkeit des Vertrauens bestätigten über 90% der Befragten den hohen Stellenwert, zusätzlich konnte ein Zusammenhang zwischen der Bekanntheit eines Unternehmens bzw. einer Marke und dem Vertrauen beim Kauf festgestellt werden.

Bei den vertrauensfördernden Elementen eines Online-Shops bestätigt sich das Behavior Pattern Ambiguity Aversion. Zahlenbasierte Statistiken und Testberichte werden von mehr als der Hälfte der Befragten als vertrauensbildend eingeordnet. Auch das Pattern Authority wird durch die Ergebnisse der Studie bestätigt. Mehr als 50% der befragten Personen drückten aus, dass die Aussagen anerkannter Expert*innen über Produkte zu Vertrauen beim Einkaufen führen. Ergänzend unterstützen für knapp 75% Gütesiegel von Testinstituten wie Trusted Shops das Vertrauen. Eine starke Bestätigung gibt es für das Behavior Pattern Social Proof, welches sich auf die Orientierung am Verhalten anderer Personen bezieht. Kundenbewertungen sind für knapp zwei Drittel der Befragten eine Hilfe für Vertrauen. Das Pattern Zero-Risk-Bias, welches sich auf das Vermeiden von Risiko bezieht, wurde klar bestätigt. Für 97% der befragten Personen sind vertrauenswürdige Bezahlmethoden wie Kauf auf Rechnung wichtig für Vertrauen, dieser Faktor wurde unter allen Ansätzen zum Beeinflussen von Vertrauen am häufigsten gewählt.

Zusammenfassend bestätigen die Ergebnisse die hohe Bedeutung des Vertrauens beim Einkaufen in einem Online-Shop. Die Betrachtung der Hypothesen mit Verbindung zu den Verhaltensmustern liefert wertvolle Erkenntnisse für die Optimierung der Conversion-Rate. Vertrauenswürdige Bezahlmethoden sind ein wesentlicher Schlüssel, ergänzend unterstützen Referenzen wie die Einbindung von Expert*innen, Kundenbewertungen und Gütesiegel.

Über die Verfasserin der Forschungsarbeit
Luisa Baumgarner
, BA MSc, hat die Masterarbeit im Masterlehrgang Digital Marketing der FH St. Pölten verfasst. Sie ist Senior Conversion Optimizer bei der Digitalagentur elements.at. Hier geht es zu ihrem Linkedin-Profil.

Über den Autor des Beitrags
FH-Prof. Mag. Harald Rametsteiner ist Leiter des berufsbegleitenden Masterlehrgangs Digital Marketing der Fachhochschule St. Pölten. Mehr zum Lehrgang hier.

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