Erweitert Handeln mit Augmented Reality

Neuentwicklungen und vielversprechende Endgeräte haben dem Mixed-Reality-Sektor zuletzt neuen Schwung verliehen. Für Händler gibt es allerdings schon längst Augmented Reality Angebote, die helfen Kund:innen ein besseres Bild unterschiedlichster Produktgruppen zu vermitteln.

Anfang Juni sorgte Apple mit der Vorstellung der Mixed-Reality-Brille „Vision Pro“ weltweit für Aufsehen. Die mit Kameras und Sensoren gespickte Datenbrille soll neue Möglichkeiten bieten, die physische Umgebung mit virtuellen Elementen zu kombinieren. Erhältlich sein wird „Vision Pro“ voraussichtlich ab Frühjahr 2024. Für die Erweiterung der Realität durch digitale Informationen und Grafiken gibt es allerdings längst Augmented Reality (AR) Anwendungen, die praktisch auf jedem aktuellen Smartphone laufen.

Händler können mittels AR Kund:innen nicht nur im eCommerce eine bessere Vorstellung von ihren Produkten vermitteln. Dies gelingt etwa durch dreidimensionale Modelle, die mithilfe der Smartphone-Kamera in die eigenen vier Wände geholt werden: „Gerade bei hochpreisigen oder großen Produkten wie Einrichtungsgegenständen fällt die Kaufentscheidung leichter, wenn sich Interessent:innen das Möbelstück in ihrem Zuhause vorstellen können“, sagt Manuel Messner, Mitgründer und CEO von MazingXR, einem Wiener IT-Dienstleister mit Spezialisierung auf AR Ecommerce.

In der Praxis scannen Nutzer:innen einen QR-Code und werden auf eine Website geleitet, auf der das 3D-Modell hinterlegt ist. Der Browser erbittet Zugriff auf die Kamera des Smartphones und visualisiert die digitale Kopie des Objekts in der betrachteten Umgebung: „Man kann das Modell an unterschiedlichen Positionen gewissermaßen abstellen und herausfinden, ob und wo es am besten in die Wohnung passt“, erklärt Messner.

Augmented Reality im Handel
Augmented Reality Applikationen kommen auch im Modehandel immer häufiger zum Einsatz

Dem Retail- und Marketingdienstleister Daymon Interactions zufolge würden nicht nur 61 Prozent der Konsument:innen Onlineshops mit AR-Features bevorzugen und 71 Prozent sogar öfter in einem Shop einkaufen, wenn dieser AR anbiete. Das weltweit tätige Unternehmen geht sogar davon aus, dass 40 Prozent bereit wären, mehr für ein Produkt zu bezahlen, wenn sie es vorab per AR-Modell ansehen könnten. Die Erfahrungen von MazingXR bestätigen dieses Bild: „Wir erstellen nicht nur die digitalen Modelle, sondern helfen auch bei der Implementierung im Webshop der Händler, damit sie den Einfluss der AR-Elemente auf das Kaufverhalten tracken können“, erzählt Manuel Messner.

So lasse sich auch ein attraktiver Return on Investment von AR-Projekten im Handel sicherstellen: „Man kann zunächst eine Versuchsgruppe von Modellen mit AR-Elementen ausstatten und testen, ob der gewünschte Effekt im Shop eintritt“, sagt der MazingXR-CEO. Dann könne man gegebenenfalls Schritt für Schritt das gesamte dafür geeignete Inventar für AR-Anwendungen aufbereiten. Die digitalen Zwillinge können entweder aus vorhandenen 3D-Formaten (etwa CAD-Dateien) oder auf Basis von Produktfotos erstellt werden: „Die Qualität der Modelle ist entscheidend, damit die Objekte von den User:innen als hochwertig und möglichst realistisch erlebt werden“, erklärt Messner. Neben Computerprogrammen kommen daher auch Designer:innen zum Einsatz, die sich um die Details und den Feinschliff kümmern.

Die fertigen Modelle werden in ein webbasiertes AR-System (Web-AR) geladen, das sich mit allen gängigen Webshops verbinden lässt. Web-AR ist ein entscheidender Entwicklungsschritt in der Augmented Reality: „Davor musste man für jede AR-Anwendung eine eigene App installieren, das war für viele Nutzer:innenzu mühsam und für Unternehmen zu aufwendig. Jetzt ist das alles über den ohnehin vorhandenen Browser erreichbar“, so Messner.

Lange stand auch die mangelnde Verfügbarkeit notwendiger Hardware einer befriedigenden User-Experience im Weg: „Während lange Zeit keine signifikanten Investments in Inhalte getätigt wurden, da die Geräte noch nicht weit genug verbreitet waren, scheint jetzt ein Tipping Point erreicht zu sein“, schreibt die Unternehmensberatungsfirma PwC in ihrem German Entertainment & Media Outlook 2022–2026. Neben der gestiegenen Rechenleistung von Smartphones und leistungsfähigeren Betriebssystemen helfen auch bessere Sensoren den High-End-Mobiltelefonen, die Umgebung zu erfassen. Mit der Verbreitung entsprechender Endgeräte werden nun auch komplexere AR-Varianten möglich. So können beispielsweise Kleidungsstücke und Accessoires virtuell anprobiert werden.

Da die Erstellung von Modellen heute nicht nur technisch besser klappt, sondern vor allem günstiger geworden ist und die Programmierkosten für eigene Apps wegfallen, lassen sich AR-Projekte relativ einfach umsetzen: „Ein Komplettpaket mit Erstellung von bis zu 100 3D-Modellen ist für 5.000 bis 10.000 Euro machbar. Verfügt man bereits über gute 3D-Modelle, kann man diese einfach in unsere AR-Webumgebung einspielen und ist für 250 Euro monatlich dabei“, sagt Manuel Messner von MazingXR. Die Präsentation der Vision Pro gilt auch für die Augmented Reality Branche als wegweisend. Während sich die Erwartungen an die vollständig virtuelle Realität – etwa in Form des vom Facebook-Mutterkonzern Meta propagierten „Metaverse“ – zu konsolidieren scheinen, hat die Idee der Augmented Reality wieder Fahrt aufgenommen. Neben Apple, Google oder Snap positionierte sich zuletzt vor allem der Handelsriese Amazon im Bereich der Erweiterten Realität.

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