Der Countdown läuft: All-In-Vereinbarungen und Deckungsrechnung (Teil 4)

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KV NEU leicht gemacht: Wie sich die Umstellung rechnerisch ausdrückt, erfahren Sie hier anhand von Beispielen aus der Praxis.
1. Umstiegsdienstzettel

Im Zusammenhang mit dem Umstieg in das neue Gehaltssystem sind den Arbeitnehmern spätestens vier Wochen vor dem Umstiegsstichtag Umstiegsdienstzettel („Dienstzettel NEU“) mit folgendem Mindestinhalt zu übermitteln:

  • Einstufung in die BG neu
  • Beschäftigungsgruppenjahr (Gehaltsstufe)
  • Höhe des Mindestgehalts
  • falls anwendbar: Reformbetrag 1
  • All-in-Vereinbarung (sofern vereinbart)
2. Formvorschriften bei All-in-Vereinbarungen

Bei bestehenden All-In-Vereinbarungen hat der Dienstzettel NEU zusätzlich den Formvorschriften gemäß Abschnitt 3) Pkt A. Gehaltssystem Neu zu entsprechen und in der All-in-Vereinbarung im Dienstzettel oder Dienstvertrag sind folgende Punkte ausweisen:

  • betragsmäßige Höhe des Grundgehalts für die Normalarbeitszeit,
  • betragsmäßige Höhe der All-in-Pauschale, eine klare und vollständige Aufzählung, welche Entgeltbestandteile damit abgegolten sind (zB Mehrstunden, Überstunden an Werktagen, Überstunden an Sonn- und Feiertagen, Reisezeiten, Rufbereitschaft, etc),
  • ob allfällige Provisionen zur Abgeltung anderer Entgeltbestandteile herangezogen werden und wenn ja, welche Entgeltbestandteile dies sind,
  • andere Entgeltbestandteile (zB zweckgebundene Zulagen),
  • Gesamtentgelt (ausgenommen Arbeitnehmer mit Provisionen).

Nach dem klaren Wortlaut des KV in Abschnitt 3) Pkt C. Übergangsbestimmungen Pkt 2) hat der Dienstzettel NEU auch für bestehende All-in-Vereinbarungen diesen Formvorschriften zu entsprechen.

Beispiel 1 – All-In-Vereinbarung und Umstieg per 1.1.2021
  • All-In-Vereinbarung: 4.200 € brutto/Monat
  • Arbeitnehmer unterliegt AZG
  • Einstufung vor Umstieg: BG 3 im 18. Berufsjahr (Gehaltstafel A, Gebiet A)
  • KV-Mindestgehalt ALT: 2.459 € brutto/Monat, Überzahlung: 1.741 €
  • Gehaltssystem NEU: Umreihung in die Beschäftigungsgruppe: BG E
Einstufung Gehaltssystem NEU (Umstiegsdienstzettel)
  • KV-Einstufung NEU 2021: BG E in Stufe 4

und KV-Mindestgehalt NEU 2.550 € brutto/Monat

  • All-In-Gehalt 2021: 4.200 € brutto/Monat (Überzahlung: 1.650 €)
  • Der Vorrückungsstichtag bleibt unverändert
3. Sonderbestimmungen bei All-in-Vereinbarungen

Für Arbeitnehmer die nicht vom Arbeitszeitgesetz (AZG) ausgenommen sind und in den BG A bis E oder in der BG F in der Arbeitswelt Verkauf & Vertrieb und Technischer Dienst eingestuft sind, darf für die pauschale Abgeltung von Mehr- und Überstunden nur das „rechnerische Höchstausmaß pro Kalenderjahr“ herangezogen werden, nämlich

  • 1,5 Mehrstunden pro Woche (x 52 Wochen = jährlich 78 Mehrstunden)
  • 8 Überstunden pro Woche*) (x 52 Wochen = jährliche 416 Überstunden)

*) Exkurs Arbeitszeitgesetz: Das gesetzliche Höchstausmaß der wöchentliche Arbeitszeit beträgt maximal 60 Stunden, wobei in einem 17-wöchigen Durchrechnungszeitraum die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 48 Stunden nicht überschreiten darf. Pro Woche sind somit durchschnittlich 8 Überstunden gedeckt.

4. Deckungsrechnung bei All-in-Vereinbarungen

Arbeitnehmern mit All-In-Vereinbarungen ist einmal jährlich im ersten Quartal nach Ende des Kalenderjahres oder nach Ende des Wirtschaftsjahres eine Deckungsrechnung vorzulegen.

Hierbei ist zunächst das Entgelt des letzten Kalenderjahres, welches für die tatsächlich erbrachte Leistung (inklusive Ausfallsentgelt) gebührt, zu ermitteln. Es ist dabei auf jene Entgeltbestandteile abzustellen, die durch die Pauschale erfasst sind. Das ermittelte Entgelt des letzten Kalenderjahres ist der bezahlten Pauschale gegenüber zu stellen. Sollte die bezahlte Pauschale das Entgelt für die tatsächlich erbrachte Leistung nicht abdecken (Unterdeckung), ist der Differenzbetrag im Folgemonat der Deckungsrechnung mit der Gehaltsabrechnung auszubezahlen. Der KV sieht im Zusammenhang mit der Deckungsrechnung Sonderbestimmungen für Arbeitnehmer mit Provision vor (Abschnitt 3) Pkt A. Gehaltssystem Neu).

In folgenden Fällen kann von der Vorlagepflicht abgewichen werden:
  • In Betrieben mit Betriebsrat kann mittels Betriebsvereinbarung die Pflicht zur Vorlage der Deckungsrechnung auf Arbeitnehmer eingeschränkt werden, deren Pauschale weniger als ein Drittel des Gesamtentgelts ausmacht.
  • In Betrieben ohne Betriebsrat kann durch schriftliche Einzelvereinbarung die Pflicht zur Vorlage der Deckungsrechnung auf eine Vorlage nur auf Verlangen des Arbeitnehmers abgeändert werden, wenn die Pauschale mehr als ein Drittel des Gesamtentgelts ausmacht.

Durch diese Ausnahmen entfällt nur die Pflicht der Vorlage, nicht jedoch die Pflicht zur Durchführung der Deckungsrechnung.

Beispiel 2 – Rechnerische Höchstausmaß für Deckungsrechnun
  • KV-Einstufung NEU: BG E in Stufe 4 im 10. Jahr)
  • Deckungsrechnung – BG E (Formvorschriften); erlaubte pauschale Abgeltung nur im rechnerisches Höchstausmaß von jährlich 78 Mehrstunden und Mehr- und Überstunde

Im All-In-Gehalt gedeckte Pauschale, Mehr- und Überstunden im rechnerischen Höchstausmaß (Kalendermonat)

Rechnerische Ermittlung Bruttoentgelte

All-In-Gehalt (Gehaltssystem NEU) und Pauschalentgelt für Deckungsrechnung

5. Deckungsrechnung

Die Deckungsrechnung ist eine Gegenüberstellung der ausbezahlten Pauschale zu den in einem Kalenderjahr (Beobachtungszeitraum) tatsächlich erbrachten Leistungen. Ermittlung der im Kalenderjahr ausbezahlten Pauschale:

  • Ermittlung, welche Entgeltbestandteile mit der Pauschale bezahlt werden
  • Auswertung der laufend geführten vollständigen Arbeitszeitaufzeichnungen für das Kalenderjahr. Getrennte Bewertung der einzelnen Zeitansprüche für die tatsächlichen erbrachten Arbeitsleistungen (Normalarbeitsstunden, Mehr- und Überstunden, Zuschläge usw.)
  • Bewertung dieser Zeitansprüche mit dem zustehenden Entgelt, getrennt nach Mehr- und Überstunden für Werktage mit 50% Zuschlag, SFN-Überstunden mit 100% Zuschlag usw.
  • Ermittlung und Bewertung der Ausfallentgelte für Urlaub, Feiertage, Krankenstand, Pflegefreistellungen usw.)
  • Gegenüberstellung der Entgeltsansprüche zuzüglich aller Ausfallentgelte mit der im Kalenderjahr bezahlten Pauschale

Sofern die im Beobachtungszeitraum erworbenen Entgeltansprüche die bezahlte Pauschale übersteigen (= Unterdeckung), müssen die Differenzansprüche nachbezahlt werden.

Beispiel 3 – Deckungsrechnung
  • Ausbezahlte Pauschale für Mehr- und Überstunden: 15.812 € brutto/Jahr

Ergebnis: Positive Deckungsrechnung mit Überhang iHv 929 € brutto/Jahr.

6. Rechte des Betriebsrates bei Deckungsrechnungen
  • Der BR ist über die betriebliche Handhabung der Deckungsrechnung zu informieren
  • Der BR hat das Recht zur Einsichtnahme in die Deckungsrechnung, sowie zur Überprüfung und Kontrolle der Deckungsrechnung (gemäß § 89 Z 1 ArbVG)

In dem nächsten Beitrag der Beitragsreihe zum Umstieg in den KV Handel NEU behandeln wir die Bestimmungen des neuen Gehaltssystems hinsichtlich der Anrechnung von Vordienstzeiten für künftige Einstufungen, sowie wie im Falle von Vorrückungen vorzugehen ist.

Dr. Ursula Roberts
Rechtsanwältin und Partnerin bei PwC Legal Österreich – oehner & partner rechtsanwaelte gmbh
Theresa Weiss-Dorer, LL.M. (WU)
Senior Associate bei PwC Legal Österreich – oehner & partner rechtsanwaelte gmbh
Martina Limbeck
Senior Manager bei PwC Legal, People and Organisation

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