Der Countdown läuft: Der Umstieg – so läuft es ab (Teil 3)

Die Kollektivvertragsparteien ersuchen um Übermittlung des Übertrittsstichtags von Betrieben mit dauerhaft mehr als zehn Arbeitnehmer:innen mindestens drei Monate im Vorhinein mittels formloser Mail an bsh@wko.at oder handel@gpa.at.
1. Vor dem Umstieg

Für den Umstieg in das neue Gehaltssystem sind als Basis die korrekte Einstufung und das korrekte Mindestgehalt im alten Gehaltssystem unbedingt notwendig. Es ist daher vor dem Umstiegsprozess erforderlich, die bestehenden Positionen und die bestehenden Einstufungen im KV Handel ALT zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.

Die Alteinstufungen sind mit den tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten und den Positionsbeschreibungen der Mitarbeiter:innen zu vergleichen. Sollten die Tätigkeiten der Mitarbeiter:innen in der Einstufung nicht (mehr) richtig abgebildet sein, muss die Alteinstufung vor dem Umstieg berichtigt werden.

Hinweis: Beim Umstieg ist die Anlage eines Überleitungsprotokolls empfehlenswert, in dem die Daten der Angestellten, wie der Name, die Tätigkeit, die Normalarbeitszeit sowie die Einstufung in den KV Handel ALT zum Stichtag des Umstiegs und ggf Anmerkungen für die Wahl einer bestimmten Beschäftigungsgruppe (zB in Zweifelsfällen) erfasst werden. Anhand des Beschäftigungsgruppenschemas werden die Einstufungen im neuen Gehaltssystem festgelegt und im Überleitungsprotokoll eingetragen.

Die im KV Handel enthaltene Tabelle soll als grobe Orientierung für die Umstufung dienen:

Welche neue Beschäftigungsgruppe beim Umstieg gewählt wird, richtet sich nach den Bewertungskriterien der in Frage kommenden Beschäftigungsgruppe NEU und deren Übereinstimmung mit der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin (einen Überblick über die neuen Beschäftigungsgruppen finden Sie in unserem 2. Beitrag zum Umstieg in den KV Handel NEU).

2. Umstufung – Gehaltstabelle NEU

Ist die richtige Beschäftigungsgruppe des KV Handel NEU gefunden, ist der nächste Schritt die Zuordnung in die richtige Stufe der neuen Gehaltstabelle. Die Basis für den Übergang ist das kollektivvertragliche Mindestgehalt der alten Gehaltstabelle zum Umstiegsstichtag. Die Umstufung erfolgt im nächsten Schritt in die für die Arbeitnehmer:innen bereits festgelegte neue Beschäftigungsgruppe mit dem nächsthöheren kollektivvertraglichen Mindestgehalt dieser Beschäftigungsgruppe im Vergleich zum bisherigen kollektivvertraglichen Mindestgehalt der Arbeitnehmer:innen. Die Arbeitnehmer:innen startet mit diesem neuen Mindestgehalt jeweils in dem ersten Jahr der Stufe in der neuen Beschäftigungsgruppe im KV Handel NEU.

Bei der Umstufung in das Gehaltssystem NEU gibt es keine Anrechnung der bisherigen Vordienstzeiten. Erhöhungen des kollektivvertraglichen Mindestgehalts bei der Umstufung können auf bestehende Überzahlungen angerechnet werden. Wichtig ist, dass das Ist-Gehalt der Angestellten nicht gekürzt werden darf. Der KV Handel NEU sieht diesbezüglich ein ausdrückliches Benachteiligungs- und Diskriminierungsverbot vor.

Umstieg zum 1. 1.
  • Über die Vorgangsweise beim Umstieg in den KV Handel NEU zum 1. 1. eines Jahres trifft der Kollektivvertrag mittlerweile eine ausdrückliche Regelung in Abschnitt 3) Pkt C. Übergangsbestimmungen, Pkt 3.2.4: Fällt der Umstiegsstichtag mit einem 1. 1. eines Jahres zusammen, so ist die Basis für die Zuordnung in das Gehaltssystem NEU das erhöhte kollektivvertragliche Mindestgehalt ALT.
    • In einem ersten Schritt ist daher zuerst die Gehaltserhöhung in der alten Gehaltsordnung per 1. 1. zu berechnen. In einem zweiten Schritt ist das nächsthöhere Gehalt in der neuen Beschäftigungsgruppe zu finden und als neues Mindestgehalt im KV Handel NEU des betreffenden Arbeitnehmers oder der betreffenden Arbeitnehmerin festzulegen (vgl dazu Marchhart/Palkovich, ARD 6748/4/2021).
  • Auch für den Fall des Zusammenfallens von Einstufung NEU mit einer Vorrückung sieht der KV Handel NEU ausdrücklich vor, dass zuerst die Vorrückung in der alten Gehaltsordnung vorzunehmen ist und erst dann die Ermittlung des nächsthöheren Gehalts in der richtigen Beschäftigungsgruppe zu erfolgen hat (Abschnitt 3) Pkt C. Übergangsbestimmungen, Pkt 4.1.). Bei einem Umstieg zum 1. 1. eines Jahres ist daher zuerst die Gehaltserhöhung in der alten Gehaltsordnung und dann dort die Vorrückung vorzunehmen und zuletzt das nächsthöhere Gehalt in der neuen Beschäftigungsgruppe zu ermitteln (vgl dazu Marchhart/Palkovich, ARD 6748/4/2021).

Hinweis: Sollten die neuen Mindestgehälter per 1. 1. nicht rechtzeitig vorliegen, können als Zwischenlösung die Umstiegsdienstzettel mit einem entsprechenden Vermerk auf Basis der „alten“ Werte erstellt werden (vgl Marchhart/Palkovich, Der neue KV für Angestellte im Handel3, 105).

4. Reformbetrag 1

Liegt das kollektivvertragliche Mindestgehalt nach dem neuen Gehaltssystem unter dem alten kollektivvertraglichen Mindestgehalt, steht dem betreffenden Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin zusätzlich der Reformbetrag 1 zu, da das kollektivvertragliche Mindestgehalt ALT nicht unterschritten werden darf. Der Reformbetrag ist die Differenz zwischen dem kollektivvertraglichen Mindestgehalt NEU der Stufe 5 und dem kollektivvertraglichen Mindestgehalt ALT. Die bestehende Überzahlung bleibt in diesem Fall aufrecht.

Der Reformbetrag 1 darf nicht zur Abgeltung von Mehr- und Überstunden, von Prämien, Provisionen, Zulagen, Zuschlägen oder Reiseaufwandsentschädigungen herangezogen werden und ist stets für die Berechnung aller gehaltsabhängigen Ansprüche in die Berechnungsgrundlagen einzubeziehen, also für Sonderzahlungen, Jubiläumsgeld, Abfertigung alt, Entgeltfortzahlung, usw. Der Reformbetrag 1 wird alljährlich wie die sonstigen kollektivvertraglichen Gehälter erhöht (dh mit demselben %-Satz). Der Reformbetrag 1 ist im Umstiegsdienstzettel auszuweisen.

Beispiel zum Umstieg und Reformbetrag 1
  • AN unterliegt dem AZG
  • Monatliches Ist-Gehalt laut Dienstvertag: 3.500 €
  • Vor dem Umstieg: BG 4 im 18. Berufsjahr (Gehaltstafel A, Gebiet A)
  • KV-Mindestgehalt ALT: 3.026 €, Überzahlung iHv 474 € (alle Beträge sind monatliche Bruttobeträge)

Per Stichtag des Umstiegs in den KV Handel neu sind folgende Schritte durchzuführen:

  1. Schritt: Umreihung in die neue Beschäftigungsgruppe: BG E;
  2. Schritt: Ausgehend vom alten KV-Mindestgehalt von 3.026 € erfolgt die Einreihung in der BG E in der Stufe mit dem nächsthöheren KV-Mindestgehalt. Das KV-Mindestgehalt NEU für die höchste Stufe in BG E (Stufe 5) beträgt 2.728 € und liegt somit unter dem KV-Mindestgehalt ALT. Da das bisherige KV-Mindestgehalt ALT durch den Umstieg nicht unterschritten werden darf, gebührt ein Reformbetrag 1 (= KV-Mindestgehalt alt abzüglich KV-Mindestgehalt neu).
Lösung
  • KV-Einstufung NEU: BG E in Stufe 5 (im 13. Jahr)
  • KV-Mindestgehalt NEU: 2.728 € + Reformbetrag 1: 298 € = 3.026 €
  • Ist-Gehalt in Höhe von 3.500 €, sodass die Überzahlung nach dem Umstieg unverändert 474 € beträgt
  • Der Vorrückungsstichtag bleibt unverändert
5. Der Umstieg und Informationspflichten

Beim Umstieg in das neue Gehaltssystem des KV Handel ist wesentlich, dass zunächst sämtliche bisherige Einstufungen im KV Handel ALT, insbesondere anhand der Tätigkeiten und Positionsbeschreibungen der Mitarbeiter:innen überprüft werden.

  • Laut KV Handel sind die Arbeitnehmer:innen unter Mitwirkung des Betriebsrates in das neue Gehaltssystem einzustufen. Insbesondere hat eine Abstimmung über die Information der Arbeitnehmer:innen und zum Gehaltssystem NEU zu erfolgen. Der Übergangsstichtag ist gemeinsam mit dem Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung zu vereinbaren.
  • Ist kein Betriebsrat vorhanden, sind die Arbeitnehmer:innen rechtzeitig, spätestens aber drei Monate vor dem Umstieg, über den Umstiegsstichtag, das Prozedere und die wichtigsten Inhalte des neuen Gehaltssystems – möglichst schriftlich – zu informieren.
  • Vier Wochen vor dem Umstiegsstichtag ist den Arbeitnehmer:innen ein Dienstzettel über die wichtigsten Eckpunkte des Umstiegs zu übermitteln („Umstiegsdienstzettel“).

Die Kollektivvertragsparteien ersuchen weiters um Übermittlung des Übertrittsstichtags von Betrieben mit dauerhaft mehr als zehn Arbeitnehmer:innen mindestens drei Monate im Vorhinein mittels formloser Mail an bsh@wko.at oder handel@gpa.at (Name und Adresse des Betriebes, Anzahl der Arbeitnehmer:innen, Zeitpunkt des Übertritts).

In dem nächsten Beitrag der Beitragsreihe zum Umstieg in den KV Handel NEU stellen wir dar, welchen Inhalt der Umstiegsdienstzettel aufweisen muss und was im Zusammenhang mit Arbeitnehmer:innen mit All-in-Vereinbarungen und bei der Deckungsrechnung zu beachten ist.

Über die Autorinnen
Dr. Ursula Roberts
Rechtsanwältin und Partnerin bei PwC Legal Österreich – oehner & partner rechtsanwaelte gmbh
Theresa Weiss-Dorer, LL.M. (WU)
Senior Associate bei PwC Legal Österreich – oehner & partner rechtsanwaelte gmbh

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