Online-Marktplätze : Individualisten, Pragmatiker und 4 lokale Erfolgsfaktoren

Wie können (lokale) Online-Marktplätze zur Förderung des stationären Handels gegenüber international etablierten Online-Marktplätzen reüssieren?

Die von der TU Wien, Universität Wien und dem Handelsverband durchgeführte und vom bmk geförderte Studie „Glückfinder: Gleich-Ums-Eck-Finder“ identifiziert vier kundenzentrierte Erfolgsfaktoren, die ein starkes Differenzierungspotenzial für lokale Online-Marktplätze gegenüber international etablierten Marktplätzen aufweisen: Localizability, Sustainability, Trusted Relationship und Online-Shopping.

Die 4 Erfolgsfaktoren für lokale Online-Marktplätze:

Die Basis für die Ableitung dieser Erfolgsfaktoren stellt eine für Österreich repräsentative Kundenbefragung zu Kaufgewohnheiten und Lebensstilen dar. Zu den zwei großen Konsumentengruppen Österreichs zählen die weltoffenen Individualisten und die verantwortungsvollen Pragmatiker. Bei beiden hoch im Kurs: Die Betonung des lokalen Faktors.

Ein Produkt kann lokal nicht gefunden werden, wenn es nicht verortet ist.

Localizability, die Hervorhebung der räumlichen Komponente, gelingt durch die Verortung der angebotenen Produkte auf einer (interaktiven) Karte. Im Idealfall ermöglicht der Online-Marktplatz den Konsument:innen bei der Produktsuche auch eine Filterung nach Entfernung des Produktes bzw. nach räumlicher Eingrenzung. Das lässt Kund:innen die Wahl, wie sie zum Produkt kommt. Vielleicht ist es ja gleich ums Eck.

Das Marketing auf den Standort zugreifen lassen.

Lokales Marketing – auch bekannt als “standortbasiertes Marketing” und “Nachbarschaftsmarketing” – ist der Prozess der Optimierung einer Website und Online-Werbung, um die Besucherzahlen und den Bekanntheitsgrad in lokalisierten Regionen zu steigern. Diese Art des Marketings zielt speziell auf die Akquise von Kund:innen innerhalb eines physischen Geschäfts ab und wird ermöglicht durch die Inanspruchnahme von Local Listing Services.

Jeder weiß, woher es kommt.

Online-Marktplätze mit lokalem Fokus können durch intelligente Nachhaltigkeitsangaben zum Marktplatz selbst (bspw. Integration lokaler Produzenten), zu den Produkteigenschaften (z.B. Herkunft des Produktes, Recyclierbarkeit, Reparierbarkeit, regionales Erzeugnis, energieeffiziente Nutzung, handmade) und zur Nachhaltigkeit der verfügbaren Zustelloptionen (z.B. Selbstabholung, Paketboxen, Entfernung des Produktes, Zustellung per Lastenrad etc.) hervorstechen.

Eine Filterfunktion nach verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekten erleichtert das Einkaufserlebnis. Und das Gewissen.

Nachhaltigkeitsangaben erhöhen die Transparenz und stärken damit die Beziehung zwischen Konsument:innen, stationären Händler:innen und dem Marktplatz-Betreiber. Die Konsumentengruppe der verantwortungsvollen Pragmatiker wird es lieben. Der Erfolgsfaktor Trusted Relationship geht noch einen Schritt weiter und definiert Chancen, dieses Vertrauensverhältnis weiter auszubauen.

Einkaufen unter leicht auffindbaren Bedingungen. Produkte suchen statt Kleingedrucktes!

Für Marktplatz-Betreiber heißt das, schnell auffindbare Zahlungs-, Zustellungs- und Retourenoptionen auszuweisen, am besten gleich auf der Hauptseite des Marktplatzes. Die Konsument:innen freuen sich über eine Vielfalt an Zahlungs- und Zustellungsoptionen. Wer beispielsweise Mobile Payment oder Selbstabholung bzw. Lieferungen in Paketstationen anbietet, hat am ehesten was für die gesamte Kundschaft mit dabei.

Ein lokaler Online-Marktplatz agiert direkt vor Ort, aber auch virtuell.

Ein Heimvorteil ist ein Vertrauensvorteil: Direktlinks und Kontaktinformationen zu den Händler:innen vor Ort und die Möglichkeit, eine Frage zum Produkt direkt an den oder die Händler:in stellen zu können, stärkt das Zusammenspiel zwischen Konsument:in, stationärem Handel und Marktplatz-Betreiber. 

Support is your success.

Im Idealfall ist es den Konsument:innen auch möglich, die Ware direkt vor Ort umzutauschen bzw. reparieren lassen zu können. Ist der Kundensupport nicht ausschließlich digital und virtuell ausgelegt, sondern auch direkt vor Ort möglich, umso besser für den trusted relationship.

Je mehr Interaktion, desto mehr Action.

Nicht nur der Marktplatz-Betreiber, sondern auch der oder die Konsument:in stellt Inhalte für den Marktplatz bereit. Interaktion gelingt durch die Einbindung von Produkt- und Händlerbewertungen. Egal ob Text oder Stern, Konsument:innen werden sich freuen, ihre Einkaufserfahrungen zu teilen und Marktplatz-Betreiber bekommen ein unmittelbares Feedback zu ihrem Konzept.

Let‘s get local and social.

Last but not least gibt es zahlreiche Möglichkeiten, auf und über Social Media die lokale und digitale Präsenz zu steigern. Dazu zählen Video-Shopping oder auch die Benennung von lokalen Testimonials, Influencer:innen und lokalen Ambassadors. Dieses innovative Konzept der Vermarktung ist sicherlich mit Aufwand verbunden. Wer es aber schafft, interaktiv und teilweise in Echtzeit Produkte zu bewerben, der liegt ganz klar im Trend bei der Konsumentengruppe der weltoffenen Individualisten.

Das detaillierte Erfolgskonzept für lokale Online-Marktplätze zur Förderung des stationären Handels aus dem Projekt „Glueckfinder“ ist ab August 2021 verfügbar. Bei Interesse kontaktieren Sie uns gerne unter: tabea.fian@tuwien.ac.at. In the meantime: Live long and local. 🖖

Über die Autorin
DI Tabea Fian | Mobilitätsforscherin TU Wien

Tabea Fian ist Mobilitätsforscherin an der TU Wien. Sie hat Raumplanung und Raumordnung an der TU Wien mit einer Spezialisierung im Bereich Geoinformatik an der University of Waterloo (Kanada) studiert. Aktuell arbeitet sie als Projektleiterin im Team von Professor Hauger, wo sie mit dem Österreichischen Handelsverband und der Uni Wien an der Studie „Glueckfinder“ arbeitet. Dabei geht es um die Konzeption einer Online-Schnittstelle zwischen lokalem Handel, Logistikern und Kund:innen.

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