B2B Plattformen bringen Einzelhändler und Markenhersteller zusammen

Durch B2B Plattformen wird modernes Ordermanagement möglich. Hier werden Händler:innen und Markenhersteller:innen vernetzt.

Derzeit schießen B2B Plattformen wie Pilze aus dem Boden und sichern sich noch dazu fette Investments. Von Vielen werden sie als DIE neue Vertriebsalternative schlechthin bezeichnet – immerhin bieten sie Händler:innen die Möglichkeit ihr eigenes Sortiment flexibel zu ergänzen und somit leichteren Zugang zu einer vielfältigen Markenlandschaft zu genießen. Obendrauf können neue Marken in kleinen Mengen und mit langen Zahlungszielen bestellt werden, was wiederrum zu mehr Liquidität, vor allem in finanziell instabilen Zeiten, führt. Insbesondere für bislang noch “undigitalisierte” Einzelhändler:innen bergen B2B Plattformen große Chancen.

Doch wer sind derzeit die großen Player am Markt? Das retail.at Redaktionsteam hat sich für dich schlau gemacht und präsentiert vier große B2B-Orderplattformen im internationalen Umfeld.

orderchamp.com (NL)

orderchamp vernetzt Handelsbetriebe mit diversen Markenherstellern. Die Großhandel-Plattform aus den Niederlanden bietet Einzelhändler:innen nach eigenen Angaben derzeit insgesamt 200.000 Produkte von 2.000 europäischen Marken aus vielen unterschiedlichen Produktkategorien, wie zum Beispiel Haus & Wohnen, Essen & Trinken, Beauty & Pflege, Schmuck und Kinder & Babys an. Darunter befinden sich bereits 300 deutsche Labels wie G. Wurm, Meyco Baby und Hoff Interieur – eine optimale Voraussetzung, um im nächsten Schritt den deutschen Markt zu erklimmen. Und genau das hat orderchamp.com auch vor. Erst im Mai 2021 investierten niederländische Unternehmen für ein effizientes Wachstum im deutschen Markt 16,8 Millionen Euro in das Startup.

Der Vorteil für die Markenanbieter liegt auf der Hand, denn sie erhalten Zugang zu 40.000 Einzelhändler:innen in ganz Europa. Und den Händler:innen wird es ermöglicht neue Ware flexibel in kleinen Mengen und mit langen Zahlungszielen zu bestellen und so die eigene Liquidität zu schonen.

Joost Brugmans und seine Mitgründer Max Verduyn und Menno Wolvers erklären sich den Erfolg von orderchamp.com wie folgt: “Wir setzen stark auf den Einsatz neuer Technologie, speziell auf Künstliche Intelligenz. Unsere eigens entwickelten Algorithmen bieten Händler:innen  personalisierte Produktempfehlungen an, passend zu den gesammelten Daten und dem Kaufverhalten der Kund:innen.  Darüber hinaus arbeiten wir via orderchamp.com hauptsächlich mit Marken zusammen, die nicht bei Online-Giganten wie Amazon und Co zu finden sind.“

Im Fokus bei Orderchamp stehen Hersteller:innen, deren Produkte bestimmten Qualitätskriterien entsprechen. „Nicht auf Amazon verfügbar“, „Ethik“, „Bio“, „Handgemacht“ und „Liebe zum Einheimischen“ sind die auf der Homepage gelisteten vorrangigen Unternehmenswerte. Durch den Einsatz von Filtersystemen und eben künstlicher Intelligenz soll es Händler:innen spielend leicht ermöglicht werden, genau jene Marken zu finden, die ihr eigenes Sortiment optimal ergänzen.

ankorstore.com (FR)

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt der 2019 gegründete französische B2B-Plattform ankorstore.com, dessen Ziel ebenfalls die Verknüpfung von kleinen Einzelhändlern mit Markenherstellern ist und der sich gerade europaweit ausbreitet. Die Mission besteht darin, den lokalen Handel zu unterstützen, denn auch hier können Einzelhändler:innen im besten Fall ihre Waren weiterverkaufen, bevor sie sie bezahlen. Ermöglicht wird dies unter anderem durch die 60-tägige Zahlungsoption. Neben dem klassischen Einzelhandel, zählen auch Lebensmittel-, Fashion-, Concept Stores, Friseurläden und Boutiquen zur Zielgruppe von ankerstore.com. Zum Ausbau ihres Geschäftsmodells hat die französische Order-Plattform vor Kurzem 20 Millionen Euro von Investor:innen erhalten.

Oftmals sehen sich jene Händler:innen dem Problem der großen Mindestbestellmengen gegenüber. Auf Plattformen wie ankerstore.com ist der Wert der Mindestbestellmenge mit 100 Euro sehr gering, sodass ein erster Einkauf bei einer neuen Marke problemlos und ohne großes finanzielles Risiko abgewickelt werden kann.

Ein weiterer Service von ankerstore.com ist der vereinfachte Kaufprozess: Mit dem sogenannten “Multishop-Checkout” wird es Händler:innen ermöglicht zum Beispiel 15 verschiedene Marken in ein und demselben Warenkorb zu sammeln und die Bestellung mit einem Klick abzuschließen. Damit entfällt der Aufwand Verträge mit mehreren Großhändler:innen abschließen zu müssen – der Kaufprozess wird schneller und effizienter. ankorstore arbeitet ausschließlich mit Sofortbestellungen, damit die auf der Website vorzufindende Ware für die Kund:innen sofort verfügbar ist.

Ankorstore Country Manager Mateusz Witjes beobachtete, dass die Ansprüche an Online-Angebote und damit auch an B2B-Marktplätze steigen: „Es wichtig, unser Angebot an die Bedürfnisse des jeweiligen Marktes anzupassen. So werden für jedes Land die dort typischen Zahlungsoptionen implementiert, darüber hinaus lassen sich Produkte nach ihrem Herstellungsort filtern. In Deutschland favorisieren Händler:innen „Made in Germany“-Produkte, in Frankreich legt man Wert auf „Made in Frankreich“. Auch diese Filter haben wir auf ankorstore.com abgebildet.“

nextrade.market (DE)

Die ebenfalls 2019 gegründet digitale Orderplattform nextrade.market hat sich zum Ziel gesetzt, standardisierte Daten zur neuen Normalität der Handelsbranche zu machen. Händler:innen die hier Markenprodukte beziehen, können die dazugehörigen Produkt- und Bilddaten automatisiert im richtigen Format für den eigenen B2C-Shop herunterladen und benutzen.

Dabei ist nextrade.market die offizielle Plattform der Messe Frankfurt, die wichtigste Konsumgütermesse zum Thema Ambiente. Bei nextrade dreht sich alles rund um den Bereich Home & Living. Jetzt fragt man sich vielleicht, warum? Ersetzen diese B2B-Plattformen doch im Grunde sämtliche Handelsmessen. Das Ziel der beiden Gründer Nicolaus Gedat und Philipp Ferger ist es allerdings, eine Einheit zwischen Messen und Nextrade zu bilden und Synergien zu schaffen: „Die Kommunikation zwischen Marken und Hersteller:innen wird schon im Vorfeld der Messe möglich und Deals können eingegangen werden. Die Messe selbst bietet anschließend genügend Zeit, um die Produkte vor Ort physisch zu betrachten und sich dem persönlichen Austausch zu widmen. Über die Nextrade-App können die Produkte noch während des Messebesuchs direkt ausgewählt und geordert werden. Die Messe-Idee geht durch nextrade nicht verloren, sondern wird einfach verlängert!“

Erwähnenswert ist auch nextrade´s Dropshipping Funktion: Diese ermöglicht Händler:innen ihre angefragten Produkte direkt aus dem Lager der Markenanbieter an ihre Endkund:innen liefern zu lassen. Sie sparen sich das Anmieten großer Lagerflächen, können dennoch das gesamte Umsatzpotenzial der Marken für sich nutzen und damit ihr stationäres Geschäft genauso wie dem Online-Shop stärken. Neben einem effektiven Zeitmanagement ergibt sich dadurch eine noch stärkere Convenience auf der Konsument:innenseite.

mercavus.com (DE)

Dann gibt es da noch mercavus.com. Was die Plattform, die sich als digitale Messe positioniert, zu bieten hat? mercavus.com wurde bereits 2018 gegründet und wirbt mit dem Slogan „Ware für Ihr Geschäft einkaufen. So einfach wie noch nie.“ Über den Online-Marktplatz sollen unabhängige Einzelhändler:innen und Marken miteinander verbunden und der Einkauf im Großhandel damit erleichtert werden. In den Produktkategorien Wohnacessories, Küchenartikel, Schmuck, Gourmet bis hin zu Haustieren sind Artikel bekannter Marken und unabhängiger Hersteller:innen zu finden.

Die Berliner-Gründer Maximilian Fischer und Kai Philipp Winselmann bewerten die Situation ähnlich wie orderchamp.com: „In Zeiten von Instagram und Amazon kann der lokale Einzelhandel mit langweiliger Standard-Ware heute nicht mehr erfolgreich sein. Kund:innen erwarten in Geschäften ein einzigartiges Sortiment, das sie begeistert und inspiriert.“

Im Gegensatz zu nextrade.market sieht sich mercavus.com eher als Messeersatz. Messebesuche werden als zeitaufwändig und teuer beschrieben, vor Ort gäbe es nur eine eingeschränkte Anzahl vor allem von den größeren Hersteller:innen. Diese Lücke möchte mercavus füllen und gerade in Zeiten von Corona könnten sie mit diesem Vorhaben ins Schwarze treffen. Das Geschäftsmodell funktioniert folgendermaßen: Wenn Hersteller:innen über mercavus neuen Kund:innen gewinnen, ist dafür eine Provision zu entrichten. Fixgebühren fallen allerdings keine an und für Bestellungen von Bestandskund:innen wird keine Provision berechnet. Für Einzelhändler:innen ist die Nutzung von mercavus kostenfrei.

Internationale Vernetzung durch moderne Order-Plattformen der Zukunft

Vereinfacht gesagt ist das übergeordnete Ziel der B2B Plattformen mit neuen Technologien die Kommunikation zwischen Marken und Händler:innen zu verbessern und diese international miteinander zu vernetzen. Diese digitalen Handelsmessen sind gerade jetzt spannend, da sie in Krisenzeiten eine attraktive Alternative zu analogen Messen darstellen. Doch damit nicht genug, denn auf diesem Weg lässt sich auch gut mit Geschäftspartner:innen verhandeln und so werden Einkäufe zu individuellen Konditionen möglich.

B2B-Platformen können eine extrem vielversprechende und ebenso zukunftstaugliche Chance sein, vor allem für KMU Händler:innen – immerhin lassen sich auf orderchamp, ankorstore, nextrade, mercavus und Co eine große Auswahl an Lieferant:innen weltweit finden. Aber genauso ergeben sich neue Möglichkeiten für größere Händler:innen, die ihr Kernsortiment flexibel ergänzen möchten.

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