Zukunftsstrategien statt Krisenmodus

In dem durch Corona ausgelösten stärksten Wirtschaftseinbruch in der zweiten Republik standen zur Sicherung der Liquidität der Betriebe und zur Rettung hunderttausender Arbeitsplätze finanzielle Hilfsmaßnahmen des Staates im Mittelpunkt und waren alternativlos. Je nach Statistik steht Österreich bei den Corona-Hilfsmaßnahmen EU-Weit an erster oder zweiter Stelle. Nach den Akutmaßnahmen sind jetzt Weichenstellungen für ein Comeback der Wirtschaft nach der Pandemie notwendig. Denn wir müssen aus dem Krisenmodus herauskommen, müssen uns aus der Krise herausinvestieren und Zukunftsstrategien entwickeln.
Gastkommentar von Dr. Günter Stummvoll, Sprecher der Initiative Standort

Der Wirtschaftsstandort als Basis für Arbeitsplätze, Einkommen und soziale Sicherheit muss gestärkt aus der Krise herauskommen. Dafür braucht es eine investitionsgetriebene Wachstumsstrategie vor allem für den Arbeitsmarkt, um die Arbeitslosigkeit zu senken, neue Jobs zu schaffen und etappenweise aus der Kurzarbeit herauszukommen. Die Kurzarbeit war in der Krise sehr wertvoll, aber auf Dauer kann man die Kräfte der Marktwirtschaft nicht aus dem Spiel nehmen und Gewöhnungseffekte wären gefährlich. Daher muss die Kurzarbeit auslaufen und nur ausnahmsweise in Gastronomie, Hotellerie, Einzelhandel und persönlichen Dienstleistungen, im Lockdown stattfinden.

Wir brauchen dieses Herausinvestieren aus der Krise aber auch für eine Senkung der Schuldenquote. Denn neue Steuern zur Senkung der Schulden wären Gift für die Wirtschaft und der Tod für den Aufschwung. Daher kann ein Abbau der Schuldenquote nur über eine Erhöhung des Sozialproduktes erfolgen. Die von linker Seite geforderte Vermögenssteuer wäre ein Eingriff in das Eigentum und daher in einen Grundpfeiler einer freien Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Sie ist daher nachdrücklich abzulehnen.

STRATEGISCHE ZIELSETZUNGEN

Eine umfassende Offensive für einen Wiederaufbau der Wirtschaft muss eine Reihe von strategischen Zielsetzungen umsetzen:

Digitalisierung in der Wirtschaft, im öffentlichen Sektor und im Bildungssystem: hier ist ein enormes Wachstumspotenzial vorhanden und unsere Wettbewerbsfähigkeit (Europa und Österreich) sowie die Konkurrenzfähigkeit unserer Arbeitsplätze werden im hohen Maße vom Grad der Digitalisierung abhängen. Zurecht wird daher im EU-Recovery Fund, der die europäische Wirtschaft mit 750 Mrd. Euro stimulieren soll und aus dem für Österreich 3,5 Mrd. Euro zur Verfügung stehen gefordert, dass zumindest 20% des Geldes für Digitalisierungsinitiativen ausgegeben werden. Die Mitglieder des Europäischen Rates wollen Leitlinien für die nächsten Schritte bis 2030 vorgeben.

Klimaschutz und Ökologisierung können ein Wachstums-Turbo sein. Nur mit Nachhaltigkeitsstrategien, sowie mit industrieller Technologie und mit industriellem Umwelt-Knowhow werden die ehrgeizigen Klimaziele im Verkehr, in der Produktion und bei Wohnen erreichbar sein. Veraltete Technologien und Systeme müssen durch neue zukunftsfitte Lösungen ersetzt werden. Dies gilt insbesondere für den Energiebereich, wo erneuerbare Energiequellen die bisher umweltschädigenden fossilen Energieträger ablösen müssen. Daher auch keine weitere Beschränkung für die Waldbewirtschaftung und bei der Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Der Ausbau der Bioökonomie kann Österreich einen Wettbewerbsvorsprung verschaffen. Steuerliche Anreize für ökologisch sinnvolle Investitionen auch von privaten Vermietern in bestehende Gebäude u.a. für thermische Sanierung können einen Wachstumsschub für Bau- und Baunebengewerbe auslösen.
Einführung von CO2-Zöllen auf EU-Ebene.

Eine nationale Kraftanstrengung ist für Bildung, umfassende Weiterbildung und Neu-Qualifizierung notwendig. Dabei hat die digitale Ausrüstung eine hohe Priorität. Ohne qualifizierte Fachkräfte wird es kein nachhaltiges Wachstum geben. Schon heute sind in manchen Branchen fehlende Fachkräfte eine Wachstumsbremse und das wird sich bei dem Wirtschaftsaufschwung noch verstärken. Das Arbeitsmarkservice muss betriebsnahe Schulungen für Mangelberufe ausbauen, die Lehre muss forciert werden und die Mobilität von Lehrlingen am Arbeitsmarkt muss erhöht werden. Dazu wäre der Vorschlag aus der Industrie für regionale Lehrlings-Hubs umzusetzen. Umschulung, Weiterqualifizierung und neue sowie moderne Berufsbilder müssen integraler Bestandteil einer Wachstumsstrategie sein. Die Corona-Joboffensive im Umfang von 700 Mio. Euro ist hier ein ganz wichtiges Qualifizierungsinstrument.

Ein Ausbau der Infrastruktur gehört ebenfalls zu den strategischen Zielsetzungen, das heißt Investitionen in Schiene, Straße und Breitband stehen im Fokus. Ebenso ein Leitungsausbau im Stromnetz und für die E-Mobilität.

Entlastung bei Steuern und Abgaben insbesondere bei den Lohnnebenkosten durch eine ökologische Steuerreform und rasche Umsetzung der zweiten Etappe der Steuerreform gemäß Regierungsprogramm. Eine auf z.B. zwei Jahre befristete Lohnnebenkosten-Entlastung bei Neueinstellungen wäre ein wichtiger Beitrag, um möglichst rasch möglichst viele Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen. Mittel- und längerfristig ist eine generelle Entlastung bei den Arbeitskosten in Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes notwendig.

PRIORITÄT FÜR EIGENKAPITALSTÄRKUNG

Für eine investitionsgetriebene Wachstumsstrategie sind eigenkapitalstärkende Maßnahmen und eine Stärkung des Kapitalmarktes notwendig. Denn nur mit Mobilisierung von privatem Kapital werden die Ziele in den genannten Bereichen erreichbar sein. Ein Maßnahmenpaket zur Eigenkapitalstärkung muss die Abschaffung der steuerlichen Diskriminierung des Eigenkapitals durch Einführung fiktiver Eigenkapitalzinsen beinhalten. Auch die Schaffung eines Investmentfonds für Risikokapital nach österreichischem Recht, vor allem für KMU und Start-Ups ist dringend notwendig. Private Equity-Fonds wie zum Beispiel von Raiffeisen oder der Erste Bank sind eine wichtige Eigeninitiative der Wirtschaft, jedoch wird es ohne umfassende gesetzliche Fundierung nicht gehen, um den absurden Zustand zu beenden, dass Milliarden unverzinst ind er Landschaft herumliegen (jährlicher Verlust für die Sparer ca. 5 Mrd. Euro), aber den Betrieben das dringend notwendige Eigenkapital fehlt. Zur Belebung des Kapitalmarktes muss auch die steuerliche Behaltefrist für Aktien wieder eingeführt werden. Auch die im Regierungsprogramm vorgesehene Senkung der Körperschaftssteuer auf 21% ist eine wichtige Zukunftsperspektive für die Wirtschaft. Für nachhaltige Wachstumsimpulse sollte die bereits eingeführte und überaus erfolgreiche Investitionsprämie erhöht werden.

Wenn jetzt die Weichen in Richtung einer nachhaltigen Wachstumsstrategie richtig gestellt werden bestehen auch alle Chancen, dass Österreich im Ranking der wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsnationen (IMD-Competitiveness Report) vom derzeit 16. Platz in die Top Ten vorstößt. Denn Österreich als kleines Land im Herzen Europas mit einem tollen Humankapital hat alle Chancen dieser Welt. Dies bestätigt auch das aktuelle Bloomberg-Innovation Ranking von Anfang Februar 2021 wo Österreich erstmals unter den Top Ten liegt. Im Sinne dieser Zielsetzung müssen aber auch die Bremsen im Bereich der Bürokratie gelöst werden und die Effizienz der Verwaltung gehoben werden mit dem Ziel eines schlanken und effizienten Staates. Für diese Ziel müssen auch die überfälligen Strukturreformen im Bereich Bildung, Föderalismus und Gesundheit durchgeführt werden.

Dr. Günter Stummvoll, Sprecher der Initiative Standort – Plattform für Leistung & Eigentum, war u.a. 30 Jahre lang Mitglied des Nationalrates, Generalsekretär der WKO sowie von 1988 bis 1991 Finanzstaatssekretär. In seinem Gastbeitrag auf retail.at erläuterte er die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, das Krisenmanagement der Bundesregierung und die Relevanz der freien Verbände.

Dipl.Kfm. Dr. Günter Stummvoll

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