2,3 Milliarden Rekordstrafe gegen Alibaba – Der Ruf nach dem fairen Wettbewerb wird lauter

Alibaba App auf iPhone X

Am 10.April wurde öffentlich bekannt, dass der asiatische Online-Gigant Alibaba zu einer Strafe von 2,3 Milliarden Euro verpflichtet wurde. Die Online-Plattform ist die Größte weltweit und geriet nun erneut in Kritik, da sie ihre marktbeherrschende Position ausgenutzt hat. Es wurden HändlerInnen benachteiligt, die ihre Waren über konkurrierende Dienste angeboten hatten.

Die Wettbewerbshüter Chinas haben sich für eine Strafe in Höhe von 18 Milliarden Yuan, umgerechnet 2,3 Milliarden Euro, gegen den Alibaba-Konzern ausgesprochen. Dabei handelt es sich um die bislang höchste Strafe der Kartellbehörden gegen einen chinesischen Internet-Riesen aufgrund eines Wettbewerbsrechtsverstoßes. Die Information stammt aus den Staatsmedien, die die Marktaufsichtsbehörde am Samstag zitierten.

Alibabas Versuche, ein Monopol zu werden

Der Hintergrund: Jene AnbieterInnen, die ihre Waren auf dem Marktplatz von Alibaba an KonsumentInnen verkaufen wollen, dürften dieselben Produkte nicht zeitgleich auch auf anderen Online-Marktplätzen anbieten. Dazu verpflichtete Alibaba die VerkäuferInnen unrechtmäßig, so die Nachrichtenagentur Reuters. Alibaba sicherte sich die Verkaufsrechte exklusiv für die eigene Plattform. Die Praxis nennt man„er xuan yi“, was übersetzt so viel heißt wie „wähle eine von zweien“.

Das Problem: HändlerInnen, die ihre Waren trotzdem auch an anderen Orten anbieten, hätten mit Konsequenzen von Seite Alibabas zu rechnen. Durch diese Vorgehensweise ergibt sich eine Einschränkung für den Handel, die nicht nur den Wettbewerb behindere, sondern ihn sogar beseitige, argumentierte die Marktaufsicht in ihrer Entscheidung. Darüber hinaus würde so die Innovation und Entwicklung anderer freier Markt-Plattformen verhindert und Verbraucherrechte geschädigt werden.

Durch diese horrende Strafzahlung eröffnen sich Fragen über die Zukunft des Alibaba-Konzerns, der von Jack Ma 1999 gegründet wurde. Denn seit der einflussreiche Gründer im Herbst den Unmut der chinesischen Regierung erweckte, gerät das Unternehmen zunehmend unter Druck. Ende letzten Jahres verhinderte die Behörde kurzfristig den geplanten (größten) Börsengang (aller Zeiten) der Alibaba-Finanztochter Ant Group mit Verweis auf neue Regeln.

Ebenso geriet die Handelsplattform in den Fokus der ErmittlerInnen, als die KartellwächterInnen mit den Untersuchungen wegen unterstellter Monopolverstöße begannen. Alibabas Stellungnahme zur aktuellen Strafzahlung lautete, die Strafe anzunehmen und die Zusammenarbeit mit den Behörden verstärken zu wollen. Der Konzern plant das aktuelle System zur Erfüllung der Regeln zu stärken und „seine soziale Verantwortung besser erfüllen“.

Rückblick auf die Fair-Commerce Initiative des Handelsverbandes 2019

Dass die großen Online-Handelsplattformen ihre marktbeherrschenden Positionen ausnutzen, hat der Handelsverband bereits im 1. Quartal 2019 analysiert und öffentlich beklagt. Gründe, Alibaba genauer unter die Lupe zu nehmen, gibt es viele, denn zunehmend entdecken auch heimische KonsumentInnen Produktangebote aus dem asiatischen Raum für sich und bestellen beispielsweise über den Alibaba-Marktplatz AliExpress. Eine vom Handelsverband beauftragte und von der Marktforschungsagentur Mindtake durchgeführte Studie ergab, dass 6 von 10 ÖsterreicherInnen bei chinesischen Plattformen online einkaufen.

Vermeintlich besondere Garantieleistung, Produktfälschung und Steuerumgehung

Bei genauer Begutachtung der rasch wachsende Plattform AliExpress wurde bereits 2019 festgestellt, dass wettbewerbsverzerrendes Verhalten durch angeblich besondere Garantieleistungen vorliegt. So wird beispielsweise das “Buyer Protection”-Programm auf der Plattform besonders hervorgehoben. Dabei wird u.a. garantiert, dass KäuferInnen ihr Geld zurückerhalten, wenn das Produkt nicht innerhalb einer bestimmten Zeit geliefert wird. In der EU allerdings haben VerbraucherInnen ohnehin das Recht, einen Vertrag zu kündigen, wenn die Lieferzeiten nicht eingehalten werden.

Darüber hinaus werden nicht selten Produktfälschungen nach Europa geschleust – es wird gar die Option einer „Echtheitsgarantie“ von Alibaba angeboten. Auch die mangelhafte Einhaltung von Sicherheitsvorschriften für Produkte schadet dem fairen Wettbewerb. Denn in die Europäische Union dürfen nur Produkte eingeführt werden, die den geltenden Sicherheits- und Umweltschutzbestimmungen der EU entsprechen. Ein weiterer Betrugsdelikt betrifft die illegale Steuerumgehung durch asiatische Handelsplattformen, denn oftmals schleusen diese Pakete im Cross-Border-Handel fast gänzlich zoll- und mehrwertsteuerfrei in die EU. Das durch entgangene Umsatzsteuerzahlungen entstehende Schadensausmaß liegt allein in Österreich bei mehreren Hundert Millionen Euro.

Regulative Geschäftspraktiken vs. wiederkehrende Strafzahlungen

Der Handelsverband weist schon seit Jahren auf das mutmaßlich wettbewerbsverzerrende Verhalten der Online-Giganten hin und präsentierte stichfeste Lösungsansätze. Einer davon ist die Abschaffung der 22-Euro-Zollfreigrenze für Pakete aus dem Ausland. Diese Freigrenze entfällt nun am 1. Juli in der ganzen Europäischen Union. Damit ist bald offiziell Schluss mit der fälschlichen Deklarierung von Paketen, um Mehrwertsteuer- und Zollabgaben bewusst zu umgehen. Zur Erleichterung der heimischen Wirtschaft wurde durch die Gesetzesänderung ein fundamentaler Grundbaustein zu mehr Fair Play im Onlinehandel gelegt.  

Es sollte jedoch noch wesentlich mehr Regulative für OnlinehändlerInnen wie Alibaba geben. Denn eine permanente Systemumstellung wäre weitaus sinnvoller, als erst im Nachhinein in Kraft tretende Konsequenzen zu setzen, wie die gerade verhängte Rekord-Strafzahlung aufgrund eines erneuten Wettbewerbsrechtsverstoßes. Als nächsten Schritt, um Marktverzerrungen und Verbraucherschutzverstöße weitestgehend zu verhindern, muss einerseits gegen Produktfälschungen aus dem Ausland vorgegangen und andererseits die in Europa geltenden Konsumentenschutzrechte ausnahmslos eingehalten werden.

Immer notwendiger, auch um die Klimaziele der EU nicht zu verfehlen, wird eine (verstärkte) Beteiligung der Online-Giganten wie Alibaba oder Amazon an den länderspezifischen Müllentsorgungssystemen. Obwohl dies ohnehin gesetzlich vorgesehen wäre, gibt es in diesem Feld erheblichen Nach-, oder nennen wir es besser Aufholbedarf. Lesen Sie hier mehr über die “Fair-Commerce Initiative”.

Geht es weiter wie bisher, werden Strafen in der Höhe von 2,3 Milliarden Euro nicht die Ausnahme, sondern viel eher die Regel werden, denn der Ruf nach dem fairen Wettbewerb wird immer lauter.

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