“Den Kleinbauern die Existenz sichern“

Interview. Das schwächste Glied in der Lieferkette von Kakao sind die Kleinbauern in den westafrikanischen Anbaugebieten. Fairtrade unterstützt sie durch Mindestpreise. Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich, erklärt, warum diese soeben erhöht wurden.

retail: Fairtrade International hat den Mindestpreis für Kakao im Oktober von 2.000 auf 2.400 US-Dollar pro Tonne erhöht, eine Steigerung um 20 Prozent. Warum?

Hartwig Kirner: Vor zwei Jahren ist der Weltmarktpreis um mehr als ein Drittel eingebrochen. Eine Studie ergab, dass dadurch 58 Prozent der Fairtrade-zertifizierten Haushalte, die im weltweit größten Anbauland Elfenbeinküste in der Kakaoproduktion arbeiten, unter die absolute Armutsgrenze gerutscht sind – von jenen, die nicht zertifiziert sind, ganz zu schweigen. Das sind, man muss es klipp und klar sagen, ausbeuterische Verhältnisse. Der neue Mindestpreis wird den Kakaobauern wieder ein Einkommen oberhalb dieser Grenze sichern. Ihn bekommen die Kleinbauern-Kooperativen, solange der Weltmarktpreis darunter liegt. Steigt dieser hingegen über den Mindestpreis, wird der höhere Preis gezahlt.

Bild: Fairtrade

Wer trägt die Preiserhöhung?
Unter den Endverbrauchern herrscht vielfach die Vorstellung, dass Preissteigerungen im Vorfeld, nämlich vom Großhandel, von den Herstellern oder vom Einzelhandel absorbiert und jedenfalls nicht an sie weitergegeben werden sollten. Aus unserer Sicht ist das ein falsches Bild, denn gerade die heimischen Schokoladehersteller haben ohnehin bereits hohe Lasten zu tragen – ganz abgesehen davon, dass der Löwenanteil an der Wertschöpfung bei ihnen liegt. Daher sind wir der Meinung, auch die Konsumenten sollten ihren Beitrag leisten.

Wo liegt die Schmerzgrenze für die Konsumenten?
Unserer Erfahrung nach sind sie bereit, zehn Prozent Mehrpreis für ein Produkt mit Fairtrade-Siegel zu bezahlen.

Wer sind die großen Player in der Kakaoverarbeitung?
Der Großteil der Rohprodukte wird von Konzernen wie Cargill oder Barry Callebaut übernommen, denen man wenig Interesse an einer fairen Preisgestaltung
nachsagen kann. Sie verarbeiten die Kakaobohnen zu Halbfertigprodukten wie Kakopulver, -masse und -butter, die wiederum von den Schokoladeherstellern weiter veredelt werden. Der Rest der Rohprodukte kommt von kleineren Großhändlern, die sie an Schokoladehersteller verkaufen. In Österreich sind das zum Beispiel die Hofer Schokoladefabrik, Heindl oder Berger, die die rohen Kakaobohnen bis zum fertigen Produkt weiterverarbeiten. Wobei übrigens Manner seit Jahrzehnten direkt von den Erzeugern importiert. ▪

Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich
Bild: Vöslauer Österreich

Fairer Kakao
Fairtrade arbeitet aktuell mit 189 Kakao produzierenden Kleinbauern-Kooperativen weltweit zusammen. 78 Prozent des Fair-trade-Kakaos kommen aus der Elfenbeinküste, dem weltgrößten Anbauland, und Ghana. Der jetzt auf 2.400 US-Dollar pro Tonne Kakaobohnen angehobene Mindestpreis sichert den Kleinbauern ein Einkommen über der Armutsgrenze. Weitere 300 US-Dollar werden für biologisch angebaute Kakaobohnen gezahlt. Zusätzlich erhalten die Fairtrade-zertifizierten Kooperativen eine Prämie von 240 US-Dollar pro Tonne für Investitionen. In Österreich tragen 7 Prozent der Kakaos und Schokoladen im Handel das Fairtrade- Siegel, darunter Produkte von Manner (mit dem Trinkkakao und Casali), Heindl, Berger, EZA und der Eigenmarken von Rewe, Spar und Hofer.

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