„Selbstverantwortung ist eine hehre Sache. Aber…“

Interview. Harald Sükar, der ehemalige Geschäftsführer von McDonald’s Österreich, hat soeben ein Buch herausgebracht, worin er vielfältig nach – weist, dass uns der Konsum von Fast Food krank macht.

Interview. Harald Sükar, der ehemalige Geschäftsführer von McDonald’s Österreich, hat soeben ein Buch herausgebracht, worin er vielfältig nach - weist, dass uns der Konsum von Fast Food krank macht.
Harald Sükar: “Man muss begreifen, dass Zucker süchtig macht. “

retail: Sie sind nicht bereits in Ihrer Zeit bei McDonald’s draufgekommen, dass Fast Food schlecht für die Gesundheit sein kann, sondern erst in den letzten Jahren. Was war das auslösende Moment?
Harald Sükar: Vor ein paar Jahren wog ich 110 Kilo und fühlte mich körperlich gar nicht wohl. Ich beschloss, das zu ändern und mich wissenschaftlich mit Ernährung auseinanderzusetzen. Ich vertiefte mich immer mehr in die Materie und begann, meine Umgebung damit zu missionieren. Meine Freunde sagten mir, nerv uns nicht, schreib ein Buch. Dann bekamen zwei Kinder
aus meinem Bekanntenkreis plötzlich Diabetes – das war der Auslöser!

Sie werfen der Fast-Food-Industrie vor, zu süße, zu fette und synthetisch behandelte Produkte zu verkaufen. Nun sind wir mündige Bürger, die das selbst wissen und Schnellrestaurants aus freien Stücken aufsuchen. Die Verantwortung liegt, ebenso wie beim Tabak- und Alkoholgenuss, bei uns – was sagen Sie dazu?
Selbstverantwortung ist eine hehre Sache, aber man muss begreifen, dass Zucker süchtig macht. Es setzt Dopamin im Gehirn frei und löst damit Glücksgefühle aus – genau wie eine Droge. Zucker ist kein natürliches Nahrungsmittel, das der Mensch über Tausende von Jahren zu sich genommen hätte. In der Evolution gibt es Beeren. Zucker hingegen ist ein industriell hergestelltes Produkt, auf das der Kopf positiv, der Körper auf mittlere Sicht negativ reagiert. Die Tabakindustrie hat jahrzehntelang mit der Selbstverantwortung argumentiert – trotzdem hat der Gesetzgeber letztendlich reagiert. Genau das erhoffe ich mir auch in puncto Zucker.

Wo sehen Sie die Lösung: bei mehr Information? Bei gesetzlichen Vorgaben?
Mit Gesetzen lassen sich durchaus Lenkungseffekte erzielen. In Großbritannien ist im Vorjahr eine Zuckersteuer auf Softdrinks eingeführt worden, und siehe da, die Konzerne waren sehr schnell in der Lage, die Werte entsprechend zu senken. In Ungarn ist eine Fast-Food- Steuer in Kraft, die auf zu zucker- und salzhaltige sowie zu fette Lebensmittel abzielt. Diese beiden Länder haben die fettleibigsten Bevölkerungen in der EU. In Frankreich wiederum ist, ebenfalls seit dem Vorjahr, Nutri-Score in Verwendung, eine fünfstufige Farbskala zur Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln – jedoch nicht verpflichtend, sondern auf freiwilliger Basis. Trotzdem scheint es zu funktionieren, und Konzerne wie Danone haben Nutri-Score sogar schon in Deutschland auf ihren Verpackungen stehen, wo das System zurzeit erst noch debattiert wird. Es ist immer so, dass die Industrie zunächst aufschreit, aber sich schließlich doch anpasst, denn der Konsument hat mehr Macht, als er denkt. Daher sage ich: Konsumenten aller Länder, vereinigt euch!
▪ Harald Sager

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