Libra: Facebooks Freiheit von den Finanzmärkten

Zahlungsverkehr. Eine neue digitale Währung soll Facebook und seine Nutzer unabhängig von Kursschwankungen und Wechselspesen machen. Der Handel gibt sich abwartend.

Große Banken zeigen sich besorgt: Facebook Libra wird das Finanzsystem gravierend verändern
(c) pixabay

Nervosität wohin man blickt: Das US-Finanzministerium ist in Aufruhr, die G-7-Staaten diskutieren heftig und von den Notenbanken aus der ganzen Welt hört man Warnungen und Unkenrufe. Niemanden in der Finanzwelt lässt die Ankündigung des Social-Media-Giganten Facebook, eine eigene Internetwährung einzuführen, kalt. Mit seinen weltweit immerhin 2,4 Milliarden Nutzern trauen Fachleute dem Online-Konzern zu, das globale Finanzsystem auf den Kopf zu stellen – und das nachhaltig.

Vision vom digitalen Geld

Mitte Juni platze die Meldung herein, dass Facebook eine digitale Weltwährung namens „Libra“ einführen möchte. Der Gründer des sozialen Netzwerks, Mark Zuckerberg, wird sich dabei an der Blockchain-Technologie orientieren, die bekannte Digitalwährungen wie Bitcoin so manipulations- und diebstahlssicher macht. Libra aber soll nicht Währungsspekulanten anziehen, sondern in einem ersten Schritt nach der geplanten Einführung Anfang 2020 zunächst simple Dienste wie Geldtransfers zwischen Nationalstaaten ermöglichen. Mit Libra hat Facebook aber noch Größeres vor: die Erschaffung einer globalen, digitalen Vollwährung. Die Vision Zuckerbergs lautet, dass eines Tages mit seinem Geld immer und überall eingekauft werden kann. Der Handel gibt sich vorerst noch abwartend, zu wenig konkret sind die Vorstellungen der Amerikaner, wie Libra tatsächlich im täglichen Geschäft eingesetzt werden könnte. Auch andere neue digitale Bezahlmöglichkeiten sind noch weit entfernt vom Massenphänomen: „Wir haben Varianten wie Apple Pay oder Google Pay zwar am Radar und diskutieren darüber, wie sie in der Praxis genützt werden können, aber es ist nicht so, dass wir schon voll in der Umsetzung wären“, sagt Sandra Rosenfelder, Sprecherin des in Graz ansässigen Traditionskaufhauses Kastner & Öhler.

Nur Bares ist Wahres
Beim Drogisten dm hingegen wird schon seit letztem Jahr aktiv an neuen Bezahlmöglichkeiten gearbeitet, man setzt aber auf andere Partner als die großen Internetkonzerne: Das Fintech-Unternehmen Barzahlen kooperiert seit Sommer 2018 mit dm, indem es Banking im Supermarkt oder die Barzahlung von Rechnungen und Online-Einkäufen anbietet. „Viele Menschen fühlen sich nicht wohl dabei, ihre Bankdaten gegenüber Online-Händlern offenzulegen. Wir ermöglichen die Zahlung von Online-Einkäufen und Bargeldbehebungen vom Girokonto in der vertrauten Umgebung unserer Märkte“, sagt dm-Geschäftsführer Andreas Haidinger. Nachdem Österreich weiterhin eines der bargeldaffinsten Länder in Europa sei, wolle man den Kunden entgegenkommen. Technikaffin hingegen sind die Kunden bei der Modekette Peek & Cloppenburg. Dort gibt es in allen P&C-Filialen die Möglichkeit des kontaktlosen Zahlens(NFC-Technologie) und Mobile Payment via Smartphone oder Smartwatch. Unterstützt wird im Bereich Mobile Payment die Zahlung etwa mit der Sparkassen-App, Google Pay oder Apple Pay. „Darüber hinaus wurde Anfang Juli auch die für chinesische Kunden wichtige Zahlungsmöglichkeit über Alipay eingeführt“, lässt das Unternehmen über eine Sprecherin ausrichten. Auch bei Hofer ist das elektronische Bezahlen voll im Trend, genaue Zahlen dazu verrät das Unternehmen aber nicht. Klar sagt Österreichs größter Diskonter aber Folgendes: „Der Einsatz von Kryptowährungen ist derzeit kein Thema für uns.“ Facebook wird sich mit Libra also wohl noch etwas gedulden müssen, um am österreichischen Handelsplatz Fuß zu fassen.
▪ Josef Puschitz

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