Norbert Hofer hat die Führung der FPÖ nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos übernommen. Im Gespräch mit “retail.at” verrät der Neo-Parteichef die wichtigsten Reformpläne der Freiheitlichen für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Was sind für Sie die drei allerdringlichsten Herausforderungen, für die Sie sich in einer nächsten Legislaturperiode einsetzen werden?
Direkte Demokratie – hier muss es uns gelingen, den Zugang zu Volksabstimmungen zu erleichtern. Bei den letzten Regierungsverhandlungen ist das nicht so gelungen. Wir wollten, dass Volksbegehren, die von 4% oder 250.000 Menschen unterstützt werden, in eine Volksabstimmung münden. Die ÖVP, die im Wahlkampf diese Grenze bei 10% oder 600.000 vorgegeben hat, wollte dann plötzlich gar nichts mehr von diesem Thema wissen. Die Einigung lag dann bei 900.000 Unterstützern. Das muss diesmal anders laufen und ist ein wesentliches Thema. Der zweite Punkt ist die Umsetzung der vereinbarten Steuerreform, wo wir die ersten Schritte bereits gesetzt haben – und ein dritter Punkt ist die dringend notwendige finanzielle Besserstellung des Österreichischen Bundesheers.
Stichwort Amazon: Welche Pläne haben Sie, um den österreichischen Handel zu unterstützen? Wie beurteilen Sie die Akzente des Handelsverbandes?
Insbesondere im Sinne einer gerechten Besteuerung werden wir – aller Voraussicht nach – noch vor der Nationalratswahl zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen die Abschaffung der Steuerbefreiung für die Einfuhr von Gegenständen, deren Gesamtwert 22 Euro nicht übersteigt, im Nationalrat beschließen.
Generell ist festzuhalten, dass wir uns zur Entlastung der heimischen Unternehmen und damit auch zur Unterstützung des Handels im Regierungsprogramm der letzten Bundesregierung auf eine Vielzahl von Maßnahmen mit dem Ziel der Reduktion überbordender Bürokratie, vermeidbarer Verwaltungsaufgaben sowie der hohen Steuer- und Abgabenlast geeinigt haben.
Dazu zählt unter anderem eine Neukodifikation bzw. „Entrümpelung“ der Gewerbeordnung durch Trennung in ein „Unternehmensqualifikationsgesetz“ zur Regelung des Zugangs zum gewerblichen Unternehmertum und in ein einheitliches Betriebsanlagenrecht, das eine Vereinheitlichung des Anlagenverfahrensrechtes herbeiführen und mehr Übersichtlichkeit und Klarheit der anzuwendenden Normen sowie eine Erleichterung für die Unternehmen schaffen soll.
Im Sinne der Entlastung aller Unternehmen haben wir neben einer Reduktion der Einkommensteuertarife, einer Ausweitung beim Gewinnfreibetrag oder einer Entbürokratisierung durch Abschaffung von Bagatellsteuern auch eine Senkung der Körperschaftsteuer als Teil der Steuerreform mit der ÖVP fix vereinbart, auf deren rasche Umsetzung in der nächsten Legislaturperiode wir mit Nachdruck drängen werden.
Für Kleinunternehmer werden wir, aus jetziger Sicht noch vor der Nationalratswahl, unter anderem durch die Erhöhung der Kleinunternehmergrenze, durch Vereinfachungen im Bereich der Pauschalierungen oder durch die Erhöhung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter wichtige Entlastungsschritte setzen.
In Österreich gibt es neben den Sozialpartnern auch zahlreiche engagierte freiwillige Interessenvertretungen. Würden Sie diesen künftig mehr Gewicht geben, indem Sie diese bspw. vor politischen Entscheidungen anhören?
Den freiwilligen Interessensvertretungen in Österreich kommt eine besondere Bedeutung zu. Daher ist aus unserer Sicht ein möglichst enger Kontakt und Abstimmung zwischen Interessensvertretung und Politik im Sinne eines notwendigen Interessensausgleichs von großer Relevanz.
Wie bewerten Sie das (beiliegende) Handelsverband 8-Punkte Zukunftsprogramm “Jetzt gemeinsam Handel[n]“? Welche Empfehlungen würden Sie gerne umsetzen?
In dem von Ihnen erarbeiteten 8-Punkte Zukunftsprogramm „Jetzt gemeinsam Handeln“ finden sich zum Teil auch Forderungen, deren Umsetzung wir im Regierungsprogramm der letzten Bundesregierung festgeschrieben haben, wie beispielsweise einzelne Empfehlungen im Bereich der Steuergerechtigkeit, des Bürokratieabbaus oder der Innovation.